In Südhessen beginnen die Tage der stationären Geschäfte. Denn ab Mitte dieser Woche können keine festen Zusagen mehr gemacht werden, was die pünktliche Online-Lieferung angeht.
Von Achim Preu
Freier Mitarbeiter Wirtschaftsredaktion
In der letzten Woche vor Weihnachten ist in den Kaufhäusern besonders viel Betrieb - darauf hoffen die Händler und die Präsidentin des Handelsverbands Hessen-Süd, Tatjana Steinbrenner, auch diesmal. Foto: dpa
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DARMSTADT/BENSHEIM - Mit dem dritten Adventssamstag hat der Endspurt im Weihnachtsgeschäft begonnen. Und da war offenbar auch in Südhessen deutlich mehr los als zuletzt. Nach Prognosen des Einzelhandelsverbands Hessen-Süd (Frankfurt) wird dieses Jahr ein Plus von drei Prozent auf 8,5 Milliarden Euro erwartet. Bundesweit werden zum Fest 100 Milliarden ausgegeben.
Das erste Wochenende war zwar ein guter Start, doch dann ist es in Südhessen extrem ruhig geworden, auch am zweiten langen Samstag. "Leider ist das Weihnachtsgeschäft, so wie auch das Ganzjahresgeschäft, bisher durchwachsen", sagt Tatjana Steinbrenner, Vizepräsidentin der IHK Darmstadt und Präsidentin des Handelsverbands Hessen-Süd. Nun hofft die Branche auf die laufende Woche, das Geschäft zwischen den Jahren und Anfang Januar. Erfahrungsgemäß haben viele da noch freie Tage und damit Zeit, Geldgeschenke oder Gutscheine einzulösen.
Gutschein-Geschenke gehen oft am Handel vorbei
Wobei Gutscheine immer wichtiger werden - insbesondere solche, die man nicht nur an einer Stelle einlösen kann, etwa solche in der Gastronomie, für einen Theaterbesuch oder einen Wellness-Tag. Dass diese dann nicht im Einzelhandel ankommen, das ist die Kehrseite der Medaille. Aber auch Schnäppchentage wie der Black Friday haben mehr Bedeutung. Da werden dann Geschenkkäufe schonmal vorgezogen und auch der regionale Handel nach Erkenntnissen von Steinbrenner gezwungen, mitzumachen.
DIE FACHFRAU
Tatjana Steinbrenner (46), verheiratet, zwei Kinder, hat in Mannheim Betriebswirtschaft studiert. Bei der IHK Darmstadt ist sie als Vizepräsidentin die Fachfrau für Handelsthemen.
Zusammen mit ihrer Schwester führt sie in dritter Generation das Kaufhaus Ganz in Bensheim mit 5000 Quadratmetern Verkaufsfläche, 50 Beschäftigten und einem zweistelligen Millionenumsatz. (apd)
Der dritte Dezember-Sonntag war im vergangenen Jahr der stärkste Onlinetag, das dürfte dieses Jahr nicht anders gewesen sein, so Steinbrenner. Doch jetzt schlage die Stunde des stationären Handels. Denn ab Mitte dieser Woche könnten keine festen Zusagen mehr gemacht werden, was die pünktliche Onlinebelieferung angeht; inwieweit sich dabei zudem die Streiks bei Amazon auswirken, ist freilich noch nicht abzusehen. Mancher Verbraucher wird sich auf den Weg machen müssen, um nicht mit leeren Händen dazustehen.
Sockel, Schal und Schlafanzug nicht mehr im Trend
"Man kann super Schnäppchen bekommen, da die Läden sehr voll hängen und durch den langen schönen Sommer viel Winterware noch vorhanden ist", so Steinbrenner, zugleich Chefin des Kaufhauses Ganz in Bensheim. Dabei werden kreative und ausgefallene beziehungsweise individuelle Geschenke immer stärker gesucht, während die legendären "3 S" (Socken, Schal und Schlafanzug) nicht mehr wirklich trendy sind.
Das Menschliche wird immer wichtiger
Dem Kunden keine unnötigen Wege zumuten durch die Anzeige von Verfügbarkeiten, dies sollte jeder Händler sich als Aufgabe mal vornehmen, heißt es. Denn das Shoppen per Mausklick hat eben einen riesigen Vorteil: Keine Parkplatzprobleme und -kosten, eine hundertprozentige Garantie der Verfügbarkeit und die einfache und bequeme Handhabung. "Wir versuchen, mit unserem Projekt 'Einfach Handeln'bei der IHK Darmstadt, Rhein, Main, Neckar die Händler fit für die Zukunft zu machen mit Workshops, individuellen Beratungen und Vorträgen, die Unternehmer unterstützen", sagt Steinbrenner. Aufgrund des sehr guten Erfolgs wird dieses Projekt 2019 fortgeführt. Wobei man sich bewusst ist, dass es einen unschlagbaren Vorteil für stationäre Geschäfte gibt: Dass das Menschliche immer wichtiger wird. "Jeder sehnt sich nach einer sympathischen Beratung, einem freundlichen Hallo und einem persönlichen Gespräch gerade in der hektischen Weihnachtszeit", so die IHK-Vizepräsidentin.
Insgesamt sind die Aussichten gut, weil der private Konsum längst zur Konjunkturstütze geworden ist. Auch in Südhessen gibt es Rekordbeschäftigung mit entsprechender Kaufkraft und eine stabile Konjunktur: Ein weiterhin günstiges Umfeld, selbst wenn Handelskonflikte und Fachkräfte Schatten werfen.