Die Edelmetallpreise sind wieder auf Höhenflug. Wer Schmuck oder Zahngold versilbern will, sollte einiges beachten.
DARMSTADT/SÜDHESSEN. Darmstadt/SüdhessenBeim Gang durch die Darmstädter Innenstadt fällt einem die Werbung von Goldankauf-Geschäften an vielen Ecken ins Auge. Einige Läden leben hauptsächlich davon, dass Kunden dort Schmuck und Zahngold in Zahlung geben. Nebenbei bieten den Service auch Juweliere und Pfandhäuser an. Viele der Goldankauf-Spezialisten haben sich nach der Finanzkrise 2008 selbstständig gemacht, als die Edelmetallpreise schon einmal einen Höhenflug erlebten.
Im vergangenen August erreichte die "Krisenwährung" Gold die Rekordmarke von über 2000 Dollar je Feinunze und inzwischen kratzt der Preis schon wieder an den 1900 Dollar. Da nun die Geschäfte wieder geöffnet haben, wird ein Verkauf für viele Verbraucher interessant. "Immer, wenn der Goldpreis steigt, nehmen bei uns die Zahl der Anfragen und das Volumen der Rücknahme zu", sagt Joachim Dünkelmann vom Bundesverband der Juweliere (BVJ).
Doch als Verbraucher gibt es einiges zu beachten. "Natürlich orientieren wir uns an den Börsenkursen", sagt Thomas Akbaba vom Goldhaus Darmstadt. Aber das sei nicht der Preis, den der Kunde im Laden erhalte. "Da ist mancher enttäuscht."
Der Händler muss schließlich auch leben und behält einen Prozentsatz für sich. "Den Börsenpreis zahlen uns noch nicht einmal die Scheideanstalten, bei denen wir das Gold einschmelzen lassen", erklärt Fadi Goldberg von der Goldberg GmbH, die unter anderem Filialen in Darmstadt, Bensheim und Neu-Isenburg hat. Zudem mindere sich der Wert durch den sogenannten Schmelzverlust, ergänzt Akbaba. Denn vor dem Schmelzen werden Verunreinigungen und nichtmetallische Teile gelöst, wodurch sich eine Gewichtsdifferenz zu dem Angelieferten ergeben kann.
Üblicherweise sammeln die Anbieter das Gold und geben es in größeren Mengen zur Scheideanstalt, schließlich fallen dort jedes Mal Gebühren an. "Damit unterliegen wir einem Kursrisiko, denn der Preis kann sich ja ändern", erklärt der Darmstädter Juwelier Markus Münzer.
Schon seit Anfang 2020 verzeichnen insbesondere die Juweliere eine hohe Nachfrage im Altgoldgeschäft, zumal die kontaktlose Annahme auch im Lockdown möglich gewesen sei, heißt es vom BVJ. Spezialisten wie Goldberg oder Akbaba hat die Schließung der Geschäfte offenbar mehr zugesetzt.
Beide Firmen sind in Händen von aramäischen Familien, die aus der Türkei nach Deutschland kamen und seit Jahrzehnten im Juweliergeschäft tätig sind. Von einer Nachfrage wie zu Zeiten der Finanzkrise sei man weit weg, heißt es dort. Schon in den Vorjahren habe der Boom nachgelassen. Goldberg hat seinen Hauptsitz in Gießen und unterhielt vor zehn Jahren 13 Standorte, heute hat er nur noch sechs.
Was bringen die Kunden besonders häufig? Vor allem geerbten Schmuck. Aber auch lange nicht getragene Stücke sowie Schmuck, der aus der Mode gekommen ist, so der BVJ. "Das Spektrum reicht aber von Besteck und Zierrat über Münzen bis zu Zahngold", sagt BVJ-Geschäftsführer Dünkelmann.
Im Laden beginnt alles mit einem unverbindlichen Angebot. Als Kunde sollte man vor einem Verkauf mehrere Angebote einholen, rät Katharina Lawrence von der Verbraucherzentrale Hessen. Das A und O sei aber eine ordentliche Vorbereitung daheim. Als Erstes solle man für sich ausrechnen, welchen materiellen Wert das Schmuckstück hat. "Suchen Sie auf jedem Schmuckstück die Punze, die den Feingehalt des Edelmetalls anzeigt. Stellen Sie fest, wie viel ein Gramm Gold aktuell in Euro kostet. Gold wird in Dollar gehandelt, schauen Sie also, wie viel es umgerechnet in Euro sind", so Lawrence.
Mit einer guten Küchenwaage (diese habe etwa eine Abweichung von 0,1 Gramm) könne man das Gewicht bestimmen. Die Ziffern 333, 585 oder 759 stünden für den Goldanteil in Promille: 333 besage, dass etwa ein Drittel (33,3 Prozent) aus Gold bestehe. Bei einer 15 Gramm schweren Kette mit 333er Gold laute die Rechnung: 15 mal 0,333 mal 49,95 Euro (das ist in etwa der aktuelle Börsenwert) gleich 249,50 Euro.
Ein Gütesiegel oder Ähnliches gibt es für den Goldankauf laut BVJ nicht. "Einen seriösen Händler erkennen Sie daran, dass er eine aktuell auf den Ort geeichte Feinwaage mit einem entsprechenden Aufkleber hat", rät Verbraucherexpertin Lawrence.
Weisen die Goldstücke keine Punzen auf, so könne der Händler mit einer Prüfsäure den Feingehalt ermitteln. Bei größeren Goldmengen solle man einen Sachverständigen - zu finden über die IHK - mit einem kostenpflichtigen Gutachten beauftragen.
Wichtig sei es, Goldschmuck nur gegen sofortige Barauszahlung aus der Hand zu geben. Und: "Meiden Sie fliegende Händler und seien Sie vorsichtig bei Pop-up-Geschäften, die nur vorübergehend in einem Laden Handel betreiben. Bestellen Sie auch niemanden zu sich nach Hause - Haustürgeschäfte können zum Ausspionieren genutzt werden", so Lawrence.
Von Anja Ingelmann