Luftverkehr im Sturzflug

Die Deutsche Flugsicherung kontrollierte im vergangenen Jahr 3,3 Millionen Flüge. 2020 werden es wohl nur die Hälfte sein. Foto: dpa

Der Luftverkehr in Deutschland ist vom Coronavirus infiziert drastisch eingebrochen. Warum die Flugsicherung (DFS) nur mit einer langsamen Erholung rechnet, erläutert DFS-Chef...

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LANGEN. Der Luftverkehr wird sich nach Einschätzung der Deutschen Flugsicherung (DFS) nur langsam von den Folgen des Coronavirus erholen. Ende März lag das Verkehrsaufkommen im deutschen Luftraum mit 1341 Flügen um 84,7 Prozent unter dem Vorjahr. Nach dem fast vollständigen Grounding im Frühjahr werde in der zweiten Jahreshälfte mit einer schrittweisen Erholung gerechnet, berichtete DFS-Chef Klaus-Dieter Scheurle.

Umsatz der Flugsicherung sinkt um 500 Millionen Euro

Im Oktober dürften wieder etwa 50 bis 55 Prozent des Vorjahresniveaus erreicht werden. Allerdings wird auch im kommenden Jahr nach einem Szenario der Flugsicherung der 2019er-Wert von 3,33 Millionen kontrollierten Flügen nicht erreicht. Die Zahl der Flüge wird demnach 2021 immer noch um etwa ein Fünftel unter dem Niveau von 2019 liegen.

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Für das Gesamtjahr 2020 geht die DFS von einer Halbierung des Flugverkehrs aus. „Aufgrund der dramatisch gesunkenen Gebühreneinnahmen rechnet die DFS in diesem Jahr mit Mindereinnahmen von rund 500 Millionen Euro“, sagte Scheurle. Mit dem Tarifpartner hat die DFS einen Corona-Tarifvertrag vereinbart, der die Reduzierung der Arbeitszeit um 300 Stunden je Mitarbeiter ermöglicht. Diese Stunden können bis zum Jahr 2025 zur Hälfte wieder als Mehrarbeit eingesetzt werden. „Damit verschafft sich die Flugsicherung die notwendige Flexibilität, um bei einem Wiederanstieg des Verkehrs die notwendige Kapazität bereitstellen zu können“, erläuterte Scheurle.

Kurzarbeit oder gar betriebsbedingte Kündigungen seien kein Thema. Die Zahl der Mitarbeiter stieg im vergangenen Jahr um 2,5 Prozent auf 5585, davon arbeiten etwa 3000 Beschäftigte am Stammsitz in Langen. 50 bis 75 Prozent der Investitionen stehen auf dem Prüfstand. Gleichzeitig solle die Zeit genutzt werden, um die Effizienz zu steigern. „Die Flugsicherung wird agiler und leistungsstärker aus der Krise hervorgehen“, betonte Scheurle.

Die DFS ist ein bundeseigenes privatrechtlich organisiertes Unternehmen, welches mit etwa 2200 Fluglotsen für einen sicheren Flugverlauf im deutschen Luftraum sorgt. Mit Pandemie-Vorsorgemaßnahmen sieht sich die DFS gerüstet, um die kritische Infrastruktur der Flugsicherung aufrechtzuerhalten. Nach einem Corona-Fall im Tower am Münchner Flughafen wurde die gesamte Schicht in Quarantäne geschickt.

Der DFS-Chef erwartet, dass der Geschäftsreiseverkehr nach der Krise nur sehr langsam wieder zulegen wird. Die touristischen Flüge dürften dagegen schneller wieder zunehmen. Vor allem Regionalflughäfen werden nach seiner Einschätzung in wirtschaftliche Turbulenzen kommen. Die Bundesregierung habe deshalb für sie Hilfen von 20 Millionen in diesem Jahr und 50 Millionen Euro im kommenden Jahr vorgesehen.

Während die Frachtflughäfen Leipzig/Halle und Köln/Bonn mit einem Verkehrsrückgang von aktuell 23,6 Prozent beziehungsweise 59,5 Prozent weniger stark von der Coronakrise getroffen wurden, sei der Verkehr an den anderen Flughäfen weitgehend zum Stillstand gekommen. Am Frankfurter Flughafen wurde beispielsweise ein Rückgang von 1499 auf 210 tägliche Flugbewegungen beobachtet.

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Bereits im vergangenen Jahr war der Luftverkehr erstmals seit fünf Jahren zurückgegangen, wenn auch nur leicht um 0,4 Prozent. Während bei den internationalen Flughäfen es unverändert 2,1 Millionen Starts und Landungen gab, zeigte sich bei den Regionalflughäfen ein Minus von 3,1 Prozent auf 162 558 Starts und Landungen. Viele Billigfluggesellschaften hätten sich von kleinen Flughäfen zurückgezogen oder ihre Kapazität reduziert. Die Zahl der Überflüge ging ebenfalls zurück. Ursachen für den Rückgang waren die weltwirtschaftliche Abkühlung, das Flugverbot für die Boeing 737 Max sowie Airline-Insolvenzen. „Immerhin wurde der negative Trend bei den Verspätungen im europäischen und deutschen Luftverkehr gestoppt“, sagte Scheurle.