Hummels-Eigentor vermiest Deutschland den EM-Start

aus Die EM 2020

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Paul Pogba (Frankreich, li.) und Toni Kroos (Deutschland) in Aktion.  Foto: dpa/ Federico Gambarini

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ist mit einer Niederlage gegen Frankreich in die Europameisterschaft gestartet.

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MÜNCHEN. Bundestrainer Joachim Löw trieb seine Mannschaft in der sechsminütigen Nachspielzeit unermüdlich an, die DFB-Elf kämpfte bis zum letzten Moment. Doch es sollte nicht reichen: Trotz einer couragierten Leistung beim ersten EM-Auftritt unterlag Deutschland Topfavorit Frankreich mit 0:1 (0:1). Mats Hummels (20.) war mit einem Eigentor der Pechvogels in München. Das deutsche Team, dem im letzten Drittel die nötige Durchschlagskraft fehlte, steht damit schon vor dem zweiten Gruppenspiel am Samstag (18 Uhr) gegen Titelverteidiger Portugal unter Druck.

Die EM-Atmosphäre war tagsüber von Stunde zu Stunde gestiegen – auch am Spielort München. Die Biergärten quer durch die Metropole füllten sich, immer mehr Fans in DFB-Trikots genossen das perfekte Wetter an der Isar. In der EM-Arena herrschte beste Stimmung – die 14.000 Zuschauer sorgten für ein in Deutschland lange vermisstes Stadion-Erlebnis. Allerdings erlebten sie auch einen kurzen Schockmoment: Ein Umwelt-Aktivist flog mit seinem Motor-Gleitschirm ins Stadion, trudelte unkontrolliert auf die Ränge zu und krachte letztlich auf den Rasen.

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Die Zuschauer feuerten mit Anpfiff lautstark an. Und sie sahen eine deutsche Auswahl, die dem Wunsch von Innenverteidiger Antonio Rüdiger folgte. „Wir müssen eklig sein, nicht immer lieb, lieb, lieb“, hatte der frisch gebackene Champions-League-Sieger vom FC Chelsea gefordert. Low vertraute auf die gleiche Anfangsformation wie beim 7:1 gegen Lettland zuletzt – mit Joshua Kimmich auf der rechten Seite. „Wir wollen über die Außen stark sein“, erklärte der Bundestrainer kurz vor Spielbeginn, „dort haben wir mehr Möglichkeiten als durch die Mitte.“ Die DFB-Elf übernahm die Kontrolle, wirkte fokussiert und selbstbewusst. Besonders Kimmich ging als Antreiber voran – teils aber etwas zu übermotiviert. Der Bayern-Spieler holte sich schon nach sieben Minuten die erste Gelbe Karte ab. Und die hoch gehandelten Franzosen? Standen tief, setzten zunächst auf ihr schnelles Umschaltspiel.

Unglücklich geklärt

Nach 15 Minuten änderte sich das Bild, der Weltmeister von 2018 kam mehr und mehr auf. Kylian Mbappé prüfte DFB-Torwart Manuel Neuer mit einem ersten Torschuss (17.). Dann die 20. Minute: Paul Pogba spielte einen Traumpass auf die andere Strafraumseite, Kimmich ließ seinen Münchner Vereinskollegen Lucas Hernandes in die Mitte flanken, wo Hummels den Ball unglücklich unter dem Jubel der rund 3000 mitgereisten französischen Anhänger ins eigene Tor beförderte. Der Dortmunder wollte vor dem einschussbereiten Mbappé klären, bugsierte das Spielgerät aus kurzer Distanz mit dem Schienbein in den Winkel.

Mats Hummels (li.) erzielt ein Eigentor für Deutschland, Manuel Neuer bekommt den Ball nicht mehr zu fassen. Frankreichs Kylian Mbappe (vorne) jubelt darüber.  Foto: dpa/ Alexander Hassenstein
Mats Hummels (li.) erzielt ein Eigentor für Deutschland, Manuel Neuer bekommt den Ball nicht mehr zu fassen. Frankreichs Kylian Mbappe (vorne) jubelt darüber. (© dpa/ Alexander Hassenstein)
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Ausgerechnet Hummels – dachten Millionen Zuschauer an den TV-Geräten. Jener Hummels, den Löw genauso wie Thomas Müller und Jerome Boateng im März 2019 aussortiert hatte, auf öffentlichen Druck hin aber schließlich für die EM nominierte. Jener Hummels, der Deutschland beim bislang letzten Sieg gegen Frankreich 2014 ins WM-Halbfinale geköpft hatte. Neuer packte Hummels sofort, schüttelte ihn. Motivierte den Unglücksraben.

Die deutsche Moral brach nicht. Im Gegenteil. Müller hätte nur zwei Minuten nach dem Rückstand fast die ideale Antwort parat gehabt, setzte einen Kopfball nach Vorlage von Robin Gosens nur knapp daneben. Toni Kroos (27. per Freistoß) und Serge Gnabry (38.) vergaben weitere gute Chancen, ehe es in die Pause ging.

Franzosen immer stärker unter Druck gesetzt

Nach dem Seitenwechsel ging es munter hin und her. Frankreichs Juve-Profi Adrien Rabiot traf zunächst den Außenpfosten (52.), zwei Minuten danach hatten die deutschen Fans schon den Torschrei auf den Lippen – doch der Versuch von Gnabry flog haarscharf über die Latte. Das deutsche Team blieb am Drücker, die Franzosen mussten anschließend gleich mehrfach in höchster Not retten.

In der 66. Minute hielten die deutschen Zuschauer dann kurz den Atem an. Mbappé ließ Kimmich, Matthias Ginter und Ilkay Gündogan nur staunend zuschauen, zielte mustergültig ins lange Eck. Ein wunderschöner Treffer – der aber nicht zählte. Mbappé stand beim Zuspiel von Pogba im Abseits. Löw reagierte, brachte in der 74. Minute Timo Werner und Leroy Sané für Gnabry und Kai Havertz. Kurz darauf lief Mbappé Hummels davon, der BVB-Verteidiger stoppte den Stürmer von Paris St. Germain jedoch in letzter Sekunde mit einer Grätsche im Strafraum. In der 85. Minute jubelte Frankreich erneut, doch auch nach dem vermeintlichen Treffer von Karim Benzema entschied Schiedsrichter Carlos del Cerro Grande (Spanien) auf Abseits. Die DFB-Elf lief weiter an, es blieb jedoch bei der Niederlage.