Der SV 98 betreibt bei den Testspielen in der Region Werbung in eigener Sache. Und das Auftreten des Fußball-Zweitligisten kommt richtig gut an.
GRIESHEIM. Am Ende traute er sich dann doch noch, der zehn Jahre alte Junge im Lilien-Trikot. Er stand am Freitagabend nach dem 8:0-Testspielsieg von Fußball-Zweitligist SV Darmstadt 98 bei Hessenligist Viktoria Griesheim vor den Kabinen, auf dem Weg dorthin nahmen sich die Spieler der Lilien viel Zeit für Autogramme und Fotos. Und auch einige Akteure, die gar nicht zum Einsatz gekommen waren, standen dort und tauchten ins Volk ein. „Jetzt frage ihn doch einfach mal, was soll den passieren!“, sagte der Vater zu seinem Sohn, der fast schon ehrfürchtig auf Mathias Honsak blickte. „Darf ich?“, fragte ihn dieser schließlich. Klar durfte er sein Foto machen – und kehrte strahlend zurück.
Der SV 98 will sich als Verein bei solchen Testspielen präsentieren, will nach der ganzen isolierten Corona-Zeit wieder tiefer eintauchen in die Region. Das gelingt ihm derzeit auch richtig gut, die Testspiele bei RW Darmstadt, bei der SG Langstadt/Babenhausen und jetzt in Griesheim zeigen dies auf beeindruckende Art und Weise. Niemand hatte etwas dagegen, dass direkt nach dem Abpfiff in Griesheim hunderte vor allem junger Fans auf den Rasen stürmten, um ihren Idolen mal ganz nah zu sein. „Wir hatten bei den Darmstädtern angefragt, ob das für sie wirklich okay sei“, berichtete ein Ordner. „Klar war es das, hieß es nur. Super ist das.“
Auch Lilien-Trainer Torsten Lieberknecht freute sich darüber, viele nette Worte zu hören. „Es ist geil, da einzutauchen“, sagte er. „Die Leute haben es sich auch verdient, dass wir uns diese Zeit nehmen.“ Er kam als einer der letzten vom Platz. Auch angeschlagene beziehungsweise gerade aus dem Urlaub zurückgekommene Spieler wie Aaron Seydel, Klaus Gjasula und eben Honsak machten ausgiebig Werbung in eigener Sache.
Am Dienstag steht der nächste Test an, dann geht es gegen die SV Elversberg (14 Uhr). Terminiert ist zudem am 9. Juli (Samstag) der letzte Test gegen die Spvgg Bayreuth, gesucht wird noch ein Gegner für den 2. Juli. „Ich spiele manchmal lieber gegen Drittligisten wie Elversberg oder Bayreuth, die kommen als Aufsteiger mit viel Euphorie zu uns“, sagte Lieberknecht. „Das ist manchmal besser, als gegen vermeintlich große Gegner zu testen, die dann mit einer B- oder einer C-Elf kommen.“ Der VfB Stuttgart etwa habe mal in einer Vorbereitung gegen Manchester City gewonnen – und sei dann abgestiegen.
Gegen hochmotivierte Gegner zu testen mache mehr Sinn, findet der Lilien-Coach, der sich am 2. Juli aber auch einen ausländischen Gegner vorstellen könnte.
Die sportlichen Erkenntnisse vom Freitagabend waren freilich begrenzt, aber darum ging es letztlich ja auch weniger. „Alle bisherigen Gegner haben sich gegen uns gut präsentiert“, lobte Lieberknecht, „auch die Griesheimer haben in manchen Situationen gezeigt, dass sie uns hätten gefährlich werden können. Aber meine Jungs waren auch sehr professionell und haben das seriös gespielt.“
Seriös gespielt hatten auch Gastspieler Yassin Ben Balla, dessen Vertrag beim FC Ingolstadt Ende Juni ausläuft und bei dem sich Lieberknecht, der ihn aus der gemeinsamen Zeit beim MSV Duisburg kennt, eine Verpflichtung durchaus vorstellen kann. „Er hat jetzt schon einen unglaublichen Fitnesszustand, er war ja ein ganzes Jahr verletzt, hat aber zuletzt unheimlich viel trainiert. Wir schauen jetzt einfach mal, aber alles ganz in Ruhe.“ Zufrieden war er auch mit dem neuen Torwart Alexander Brunst, der 90 Minuten spielte, aber kaum etwas zu halten hatte. „Bei beiden hat man das Gefühl, dass sie schon immer dazugehören“, berichtete der Trainer von einer gelungenen Integration.
Ein bisschen improvisieren müssen sie dennoch in diesen Tagen beim SV 98, manch einer ist doch etwas angeschlagen. In Griesheim kamen auch deshalb wieder diverse A-Junioren zum Einsatz, Fabio Torsiello traf gar zweimal. „Die Situation ist, wie sie ist“, will Lieberknecht aber nicht jammern, „wir müssen aber viel nachdenken, wie wir uns aufstellen – auch vor solch einem Spiel.“
Sprachs und verschwand dann doch in der Kabine. 45 Minuten nach dem Abpfiff, hunderte Fotos und Autogramme später. Ein Tag, den sie genossen haben – und der dem SV 98 sicher den einen oder anderen neuen Fan in Griesheim beschert hat. Und darauf kommt es bei solchen Spielen ja auch an.