Iran, das Land seiner Eltern, liegt Babak Keyhanfar am Herzen. Der Co-Trainer des FSV Mainz 05 versucht, die Menschen dort auf dem schwierigen Weg zur Freiheit zu unterstützen.
Mainz. Babak Keyhanfar gilt als Mainzer durch und durch. Der 37 Jahre alte Co-Trainer des Fußball-Bundesligisten FSV Mainz 05 hat aber auch einen engen Bezug zum Iran, dem Land, aus dem seine Eltern stammen. Mit eindringlichen Worten hat er sich in einem auf der Homepage der 05er veröffentlichten Interview nun öffentlich zur Situation in diesem Land geäußert. Und gezeigt, wie der Fußball helfen kann, die Situation der Menschen dort zu verbessern. Im Iran herrscht Ausnahmezustand, seit Mahsa Amini vor wenigen Wochen in Polizeigewahrsam gestorben ist. Bei den seither herrschenden Protesten gegen die Regierung und für mehr Freiheit im Iran sind nach Einschätzungen von Menschenrechtlern bisher mehr als 240 Menschen getötet worden.
„Als Mensch, aber nicht zuletzt als Sohn iranischer Eltern, berühren und bestürzen mich die Geschehnisse im Iran zutiefst“, sagt Keyhanfar, der zwar nicht im Iran aufgewachsen ist, aber einen engen Bezug zu diesem Land hat. „Alles über die Zustände habe ich aber über meine Eltern erfahren, die das Land 1979 mit Mitte 20 verlassen haben“, sagte Keyhanfar. Über die Vorkommnisse dort informiert er regelmäßig auf seinem Instagram-Account. „Ich möchte so als Sportler einen Teil dazu beitragen, die Realität widerzuspiegeln und mich so angemessen und authentisch wie möglich äußern“, erklärte Keyhanfar.
Aktuelle Lage ist logische Konsequenz der Entwicklung
Ihn bestürzt das Geschehen im Iran, gerade auch, weil er in Deutschland eine andere Wertewelt kennengelernt hat. „Werte wie Freiheit, Gleichberechtigung oder Toleranz, für die auch mein Verein Mainz 05 steht, werden im Iran missachtet. Das größte Problem ist aber, dass die Menschen nicht auf die Straße gehen konnten, ohne harte Sanktionen zu fürchten. Die Bürgerinnen und Bürger konnten nicht demonstrieren, sondern mussten alles hinnehmen, was von der Politik vorgeschrieben wurde. Frühere Proteste, beispielsweise durch die Arbeiter- oder Studentenbewegung, wurden gewaltsam niedergeschlagen.
Hinzu kommt die Perspektivlosigkeit für Kinder und Jugendliche, was Arbeitsplätze und Bildung angeht. Sie gehen derzeit genauso auf die Straßen und sind nicht länger bereit, die Situation zu akzeptieren. Sie haben über Jahrzehnte erlebt, wie ihre Mütter, ihrer Väter, ihre Geschwister und Freunde unterdrückt wurden. Die aktuelle Lage ist die logische Konsequenz der Entwicklung über einen sehr langen Zeitraum. Und die aktuelle Bewegung, angeführt von mutigen Frauen, ist die, die bislang am längsten Bestand hat”, sagte Keyhanfar.
Hilfe seitens der Fifa
Diese Aufmerksamkeit erhält die aktuelle Bewegung in seinen Augen auch „durch viele prominente Gesichter, die ihre Solidarität ausdrücken. Die Iranerinnen und Iraner sind lebensfrohe Menschen, wollen Freude am Leben haben, selbstbestimmt und offen sein. Dieses Bild wird jetzt zum ersten Mal richtig in die Welt transportiert. Das ermutigt die Menschen im Iran, unter Einsatz ihrer Freiheit oder sogar ihres Lebens weiter auf die Straßen zu gehen“, berichtet der Mainzer, der hofft, dass diese Proteste im Iran zu einer deutlichen Veränderung der Situation für die Menschen führen. „Die Regierung wird von einem ganz kleinen Teil der Bevölkerung gebildet und von einem weiteren kleinen Teil unterstützt. Die Voraussetzung für Veränderung ist, dass der große Teil mutig und stark bleibt. Wir alle können aus meiner Sicht einen kleinen Teil dazu beitragen.“
Eine Verbesserung hat es in seinen Augen durch den Weltfußball-Verband Fifa bereits gegeben. „Ein gutes Beispiel für die Macht des Fußballs ist das Vorgehen der Fifa im Land. Sie hat etwas für uns hier in Deutschland Selbstverständliches ermöglicht, was in den letzten über 40 Jahren in der islamischen Republik nicht erlaubt war. Mit angedrohten Sanktionen wie einem WM-Ausschluss und Richtlinien ist es gelungen, dass Frauen jetzt Fußballspiele besuchen dürfen. Die Fifa hat zudem vorgegeben, dass der Iran eine Frauen-Nationalmannschaft haben muss. Dadurch hat der Fußball das Recht der Frauen gestärkt. Es ist nur ein kleiner Schritt von vielen notwendigen, zeigt aber die Macht des Fußballs. Wir arbeiten in einer Branche mit vielen Millionen von Followern. Das ist ein Beispiel dafür, dass Veränderungen möglich sind. Niemand darf die Augen verschließen.” Und deshalb wird Keyhanfar nicht müde, weiterhin auf die enormen Probleme im Land seiner Eltern hinzuweisen.