„Talent ist mit Arbeit verheiratet“, doziert der neue Headcoach der Mannheimer Adler vor dem DEL-Saisonstart. Wie der Tscheche den Meister von 2015 zu alter Stärke führen will.
Von Maik Richter
Sportredakteur Darmstadt
Mannheims Matthias Plachta drischt beim DEL Media Day einen Puck aufs Tor.
(Foto: dpa)
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MANNHEIM - Nun steht er also bevor, der große Tag: Am Freitag startet die Deutsche Eishockey-Liga (DEL) in ihre Jubiläumsspielzeit; es ist die 25. Und nicht wenige halten die Mannheimer Adler unter ihrem neuen Trainer Pavel Gross für einen Titelkandidaten. Dem verschließt sich Gross auch ausdrücklich nicht, denn schließlich ist er geholt worden, „um etwas zu gewinnen“. Ob das gleich im ersten Jahr klappt, bleibt dahingestellt. Zu oft hat sich in Mannheim schon eine eigene Dynamik entwickelt, zu oft waren die Fans nach hohen Erwartungen herben Enttäuschungen ausgesetzt.
Wie das neue Konstrukt nach sieben Wochen harter Vorbereitung und neun Testspielen funktioniert, ob es hier und da noch knirscht, das wird sich ab Freitag zeigen müssen, wenn die Adler am ersten Spieltag die Düsseldorfer EG in der SAP Arena empfangen. Los geht es traditionell um 19.30 Uhr, bislang sind 10 500 Karten abgesetzt worden. Bei den Gästen steht ein alter Mannheimer Bekannter hinter der Bande: Harold Kreis coacht die DEG seit diesem Sommer, hat also ebenso Premiere wie sein Gegenüber, der aus den Adlern wieder einen Spitzenklub machen soll, wie er zuletzt 2015 unter Geoff Ward einer war.
Taktikfuchs und Disziplinfanatiker, das alles wird dem 50-jährigen Gross auf die Fahne geschrieben. Auch dass er neben Meistermacher Don Jackson in München der beste Trainer in der deutschen Eliteklasse sein soll. „Er hat einen neuen Wind reingebracht“, beschreibt Nationalspieler Matthias Plachta Gross’ Wirkung in der Kurpfalz. „Es ist ein bisschen Struktur drin jetzt. Er hat vom Boden weg alles verändert. Es ist alles ein bisschen intensiver geworden, er ist sehr detailverliebt.“
AUF- UND ABSTIEGSREGEL IST BESIEGELT
Die wiedereingeführte Auf- und Abstiegsregel der Deutschen Eishockey Liga (DEL) und der DEL2 ist offiziell besiegelt. Beide Seiten unterschrieben am Mittwoch in Bietigheim den Vertrag, wie die DEL2 mitteilte. Von der Saison 2020/21 an wird der DEL-Letzte absteigen und der Meister aus der DEL2 aufsteigen, sofern die notwendigen Auflagen erfüllt wurden. Der Auf- und Abstieg war schon Ende Juli beschlossen worden, nachdem vorangegangene Anläufe für die Regelung gescheitert waren. Letztmalig gab es in der Saison 2005/06 einen Auf- und Abstieg zwischen den beiden Ligen.
Und Gross findet nun in Mannheim – anders als im beschaulichen Wolfsburg, wo er mit bescheideneren Mitteln drei Mal Vizemeister wurde – neue finanzielle Möglichkeiten vor. Die „Eishockey News“ schätzen den Etat der Adler auf 13 Millionen Euro, neben München mit seinem Brausehersteller im Rücken ist das natürlich Ligaspitze. „Einen Totalumbruch gibt es nicht zum Nulltarif“ hatte Klubchef Daniel Hopp schon zur Saisoneröffnung gesagt. Genaue Zahlen nennt der Klub freilich schon seit Jahren nicht mehr.
Und ein bisschen weniger Transparenz wird es unter Trainer Pavel Gross auch im sportlichen Bereich geben. Der Tscheche hat nämlich verfügt, dass man sich in Mannheim künftig an seit Jahren größer werdenden Tendenzen im Profifußball orientiert und zumindest am Tag vor Spielen unter Ausschluss der Öffentlichkeit trainiert. „Ich kann via Smartphone in Sekundenschnelle in die Welt setzen, wer bei uns im Tor steht. Das muss aber keiner wissen, nicht mal der Gegner“, verteidigt Gross die Geheimniskrämerei humoristisch. Klar: Der Coach will gerade vor Spieltagen gegnerspezifisch arbeiten, Dinge einüben, die überraschen und Spiele entscheiden können.
Unter den Trainerkollegen wird der Mannheimer Meisterspieler von 1997, 1998 und 1999 neben Dreifach-Champion München als Titelkandidat gehandelt. Gross aber weiß aus seinen Titeljahren als Spieler auch, dass es ein Gesamtpaket braucht: „Wir haben gute Einzelspieler, keine Frage. Wir haben Talent im Kader. Trotzdem muss jedem klar sein, dass wir Arbeiter sind. Wir haben das Talent, das uns in wichtigen Situationen helfen kann. Um dorthin zu kommen, muss man aber hart arbeiten. Talent ist also quasi mit Arbeit verheiratet“, doziert der Trainer. Und nur wenn das Talent und die Tiefe im Mannheimer Kader mit dem Willen der harten Arbeit verschmelzen, dann sei die Voraussetzung geschaffen, Erfolg zu haben. Und der Rest? Ist Glück.