Wer keine Lust auf weite Flugstrecken und überlaufene Metropolen in seinem Urlaub hat, sollte eines der malerischen Deutschen Dörfer besuchen. Sieben Mal Tradition und Idylle.
Von Michaela Strassmair
Direkt am Wasser gelegen, hat die Gemeinde Sipplingen am Bodensee ein ganz besonderes Ambiente.
(Foto: Nico Rimmele)
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Weg von den Urlauberhotspots: In Deutschlands Dörfern gibt es Erstaunliches zu entdecken und nur wenige Touristen. Im Folgenden werden sieben kleine Orte vorgestellt, die alle weniger als 4000 Einwohner haben und zu den bezauberndsten Flecken der Republik gehören.
Ostfriesland: Rundwarftendorf Rysum
Ein Runddorf mit roten Backsteinhäuschen, nur wenige Kilometer von der Nordsee entfernt: Als es noch keine Deiche gab, bauten die Menschen Häuser auf einem eigens errichteten sechs Meter hohen Hügel, um sich so vor Hochwasser zu schützen. Rysum ist ein sogenanntes Rundwarftendorf und liegt am nordwestlichsten Zipfel Deutschlands in der Nordsee-Region Krummhörn. Wie schön das 650-Einwohner-Dorf mit seiner Backsteinkirche und der ältesten bespielbaren Orgel Nordeuropas aus dem Jahr 1457 und der noch heute funktionierenden Windmühle ist, unterstreichen etliche Auszeichnungen. In der Scheune des denkmalgeschützten „Fuhrmannshof“ finden Klavierkonzerte statt. Wer die im traditionellen Stil erbauten Häuser mit ihren schmucken Vorgärten aus einer anderen Perspektive sehen will, begibt sich auf eine der Ringstraßen um den Ort und steuert das Meer an. www.rysum.org
Hinterhermsdorf in der Hinteren Sächsischen Schweiz
Direkt am Nationalpark und an der tschechischen Grenze gelegen: 650 Menschen leben in Hinterhermsdorf im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Viele wohnen noch in jahrhundertealten, denkmalgeschützten Umgebindehäusern. Ein Haustyp, der sich aus slawischen Blockbohlenhäusern und germanischen Fachwerkhäusern entwickelte. In so einem Prachtstück ist auch das Heimatmuseum „Waldarbeiterstube“ untergebracht. Zu den Highlights in der kleinen Nationalparkgemeinde gehört auch eine historische Kahnfahrt auf der Oberen Schleuse in der Kirnitzschklamm. Die Tour führt entlang bizarrer Felsformationen (wofür die Sächsische Schweiz mit ihrem Elbsandsteingebirge bekannt ist) und unberührter Natur. Wer nach so viel Kultur und Natur eine Pause braucht, kann sich auf der längsten Holzbank Sachsens niederlassen. Die Jugendfeuerwehr baute die 37,3 Meter lange Parkbank im Rahmen einer Dorfverschönerungsmaßnahme.
www.hinterhermsdorf.de
Nordrhein-Westfalen: Hülch-rath mit Dornröschenschloss
Zwischen Köln, Düsseldorf und Aachen liegt ein Kleinod unter den Dörfern: Hülchrath mit seinem Schloss und dem 1000 Jahre alten Wehrturm, der schon von der Ferne zu erkennen ist. Die mittelalterliche Anlage, die von einem Wassergraben umgeben ist, ist mit Abstand das Größte in dem Mini-Ort. Denn Hülchrath hat nur 720 Einwohner, die sich aber mit großem Engagement um die Erhaltung und Zukunft ihrer Heimat kümmern. So ist der Ortskern mit der ehemaligen Synagoge, der katholischen Pfarrkirche, dem jüdischen Friedhof und vielen historischen Wohnhäusern außergewöhnlich gut erhalten und restauriert. Wie gut, bestätigen diverse Auszeichnungen bei Denkmalpflege- und Schönstes-Dorf-Wettbewerben. Wer in das sechs Kilometer nordöstlich von Grevenbroich und neun Kilometer südöstlich von Neuss gelegene Dorf kommt, sollte allerdings an ein altes Sprichwort denken, das noch aus der Zeit stammt, als das Schloss kurkölnische Gerichtsstätte war: „Wer in Hülchrath geht über die Brück, kehr selten oder nie zurück.“
www.schloss-stadt-huelch-rath.de
Versteckt im bayerischen Voralpenland: Amerang
Der Blick schweift Richtung Alpen, davor der Chiemsee, daneben Täler mit Wiesen und Wäldern, auf einem Hügel thront ein Schloss und im Ortskern reiht sich ein liebevoll restauriertes Haus ans nächste. Amerang mit seinen 3700 Einwohnern liegt auf der Luftlinie zwischen München und Salzburg und gilt als der Geheimtipp unter den schönsten Dörfern. Denn hier gibt es wenig Touristen, dafür ein Automobilmuseum mit 200 Oldtimern ein Bauernhausmuseum mit 200 Jahre alten Höfen und Werkstätten und ein mittelalterliches Schloss. Das Schloss wird noch heute von den Schlossherrn bewohnt, ist aber zugleich Romantik-Hotel, Café, Pferdegestüt, Museum und Veranstaltungsort für Konzerte im Innenhof. Der dreistöckige Renaissance-Arkadenhof in Trapezform gilt als einer der charmantesten Konzertorte des Landes. Feinschmecker werden in Amerang besonders verwöhnt: Im Dorf gibt es in historischem Ambiente ein hoch gelobtes italienisches Restaurant, die „Hof-stubn“ mit sterneverdächtiger Küche aus Produkten vom eigenen Bauernhof und den urigen „Wirth“ in einem Gebäude aus dem Jahr 1612. amerang.de
Baden-Württemberg: Sipplingen am Bodensee
An das nördliche Steilufer des Überlinger Sees schmiegt sich die Gemeinde Sipplingen mit ihren 2100 Einwohnern. Der Blick auf den Bodensee und die direkte Seelage verleihen Sipplingen einen besonderen Reiz. Wer das Dorf erkundet, kann sich an Fachwerkhäusern zwischen malerischen Gässchen und der von außen gotischen und von innen barocken Kirche St. Martin erfreuen. Ein Muss für Radfahrer sind der Bodensee-Rad- und Rundweg. Wanderer können sich auf den mit dem deutschen Qualitätssiegel ausgezeichneten Premium-Wanderweg aufmachen oder sich auf den umliegenden Streuobstwiesen, Waldpfaden, Schluchten und Burgruinen vergnügen. Wassersportler schlendern zu den zwei Jachthäfen von Sipplingen und genießen die Aussichten auf See und Dorf. www.sipplingen.de
Dorf im Wasser: Burg im Spreewald
Blockhäuser aus Holzbohlen mit Schilfeindeckung, in denen heute noch Menschen wohnen – das gibt es nur noch im Spreewald. Ganz im Osten des Brandenburger Biosphärenreservats liegt Burg. Das Besondere an dem Ort ist, dass sich seine knapp 4500 Einwohner auf eine Fläche von 35 Quadratkilometern – das entspricht ungefähr 4900 Fußballfeldern – verteilen. Die vielen Einzelgehöfte stehen versteckt zwischen Wiesen, Äckern, Streuobstgärten, Gemüsegärten und Wasserarmen auf kleinen Talsandinseln.
Burg ist Luftkurort und besitzt in 1350 Metern Tiefe eine Heilquelle, mit deren Wasser die Spreewaldtherme gespeist wird. Die Schönheit des Dorfes erlebt man am besten in einem Paddelboot, auf einem Spreewaldkahn oder entlang der vielen Rad- und Wanderwege, die sich wie ein Spinnennetz durch die Wasserlandschaft ziehen. www.BurgimSpreewald.de
In der Moselschleife gelegen: Bremm
Der rheinland-pfälzische Weinort Bremm schmiegt sich hundert Meter über der Moselschleife an die Hänge des Calmonts. Hier wächst rekordverdächtiger Wein, denn mit einer Steigung von 65 Grad darf sich der Bremmer Calmont als steilste Weinberglage Europas bezeichnen. Das Dorf mit seinen 850 Einwohnern ist geprägt von engen Gassen und alten Fachwerkhäusern. Der Star unter den Denkmalschutz-Häusern ist das „Storchenhaus“, ein Prunkstück moselländischen Fachwerkbaus. In der Pfarrkirche aus dem 15. Jahrhundert thront ein prächtiger Renaissance-Altar und der Dorfplatz mit seinen Brunnenanlagen lädt zum Verweilen ein.
Das Klima ist außergewöhnlich mild, denn Bremm ist gut gegen kühle Winde aus Norden und Osten abgeschirmt und der Sonne zugeneigt.