Samstag,
26.09.2015 - 01:00
4 min
Rundflug zum Denal – dem höchsten Berg Nordamerikas

Von Ute Strunk
Reporterin Politik

Den Denali kann man bei einem Rundflug erleben. Foto: Susanne Heiss ( Foto: Susanne Heiss )
Auf dem Hinflug konnten ihn diejenigen sehen, die einen Fensterplatz hatten. Ich hatte einen Gangplatz. Macht nichts, dachte ich, denn wir haben ja noch einen Rundflug gebucht, um ihm ganz nah zu kommen: dem höchsten Berg Nordamerikas. Da hieß er noch Mount McKinley. Jetzt hat der 6 168 Meter hohe Riese seinen ursprünglichen Namen zurückbekommen: Denali – „Der Große“, so haben ihn die Ureinwohner einst getauft. Die Umbenennung in diesem Jahr ist ein Geschenk von US-Präsident Obama an den nördlichsten und größten der 50 Bundesstaaten von Amerika.
Ein Goldsucher hatte den Berg 1896 nach dem in Ohio geborenen Politiker William McKinley benannt, um dessen Bewerbung für das Amt des US-Präsidenten zu unterstützen. Wenige Monate später wurde McKinley zum 25. Präsident der Vereinigten Staaten gewählt. 1901 starb er bei einem Attentat. Doch ob Mount McKinley oder Denali, nicht der Name, sondern der Berg ist das Ziel. Denn dieser gehört zu den Seven Summits – den jeweils höchsten Bergen der sieben Kontinente.
Wir starten mit einem deftigen Frühstück in Talkeetna, dem Ort, den auch die Bergsteiger als Basis benutzen. Das Roadhouse wurde vor gut 100 Jahren als Rasthaus für Bergbauarbeiter, Trapper, Eisenbahnbauer und Pioniere gegründet. In der Bäckerei gibt es die für Alaska so typischen Sauerteig-Pfannkuchen mit Ahornsirup, Zimtrollen und Bratkartoffeln, dazu gebratener Speck, Rührei und Brot. Talkeetna, etwa 180 Kilometer nördlich von Anchorage gelegen, ist ein kleines Nest. Wer dort wohnt, lebt von Bergsteigern und Touristen – im Sommer. „Im Winter kann man es hier aber fast nicht aushalten“, erzählt Doris Ehrenstein. Die Deutsche betreibt seit 16 Jahren einen Süßigkeitenladen in Talkeetna. „Ich bin vor 25 Jahren mit meinem Mann nach Alaska ausgewandert, aber im Winter ist hier einfach nichts los. Da ist es sehr langweilig“, erzählt sie. Und der Winter ist lang in Alaska. Da hilft es auch nicht, dass das Dorf mit seinen Holzhäusern ein uriges Goldgräberflair verströmt. Im Sommer kommen die Touristen dagegen in Massen, um vom kleinen Flughafen aus zu einer Tour in Richtung Denali zu starten. Und das tun wir jetzt ebenfalls.
Der Himmel ist wolkenverhangen und die Straße nass vom Regen – kein guter Tag, um einen Rundflug zu wagen. Dennoch hat der Pilot der Propellermaschine sogar vor, auf einem Gletscher zu landen. Wir hoffen, dass es klappt. Damit wir in der eisigen Höhe aussteigen können, bekommen wir spezielle Stiefel, die wir über unsere Schuhe ziehen. Dann werden alle noch einmal gewogen – damit das Gesamtgewicht der Maschine nicht überschritten wird. Und los geht’s.
Zu siebt sitzen wir mit Kopfhörern auf den Ohren in der kleinen „Havilland Beaver“. Der Motor dröhnt ohrenbetäubend, während unser Pilot die Maschine souverän in Richtung der wolkenverhangenen Berge steuert. Denali können wir noch nicht sehen, dafür aber das Basislager der McKinley-Expeditionen. Tief unten in der weißen Schneewüste machen wir winzige bunte Zelte aus. Doch können wir die Menschen dort nur als ameisengroße Punkte wahrnehmen. Ganz nah fliegen wir an steil aufragenden Felswänden vorbei und über türkisblaue Gletscherflüsse. Auf einem Gletscherfeld sehen wir eine kleine rote Propellermaschine landen. Das haben wir auch vor, doch der Pilot gibt uns über die Kopfhörer zu verstehen, dass er den Plan geändert hat.
INFORMATION
Reisezeit: Von Mai bis September liegen die Temperaturen zwischen 15 und 27 Grad.
Unterkunft: Zum Beispiel die Talkeetna Alaskan Lodge in Talkeetna, www.talkeetnalodge.com.
Rundflüge: K2 Aviation bietet ab Talkeetna verschiedene Rundflüge zum Denali ab 210 Dollar pro Person an, www.flyk2.com.
Schlittenhunde: Happy Trails Kennels, Big Lake, www.buserdog.com.
Unterkunft: Zum Beispiel die Talkeetna Alaskan Lodge in Talkeetna, www.talkeetnalodge.com.
Rundflüge: K2 Aviation bietet ab Talkeetna verschiedene Rundflüge zum Denali ab 210 Dollar pro Person an, www.flyk2.com.
Schlittenhunde: Happy Trails Kennels, Big Lake, www.buserdog.com.
Nebel zieht auf und innerhalb von Sekunden schlägt das Wetter um. Mit einem sogenannten Whiteout muss im Hochgebirge immer gerechnet werden – und der ist tückisch. Es handelt sich dabei um das Phänomen, dass man bei plötzlichem Nebel oder Schneesturm völlig die Orientierung verliert und nicht mehr weiß, wo oben und unten ist. Bergsteiger haben davor genauso viel Angst, wie die Piloten der kleinen Propellermaschinen. Unser Rundflug endet daher, ohne dass wir den großen Berg, den berühmten Denali, umrunden konnten. Ein Abenteuer ist der Rundflug dennoch und wir sind ganz elektrisiert von all den Eindrücken, die wir aufgenommen haben.
Auf dem Rückweg nach Anchorage machen wir einen Abstecher zu Martin Buser. Auch der gebürtige Schweizer wanderte nach Alaska aus – und zwar schon 1979. Martin Buser ist einer der großen Namen des Schlittenhundesports: Viermal hat er den berüchtigten Iditarod gewonnen, seit 1986 hat der 57-Jährige in jedem Jahr daran teilgenommen. Immer am ersten Wochenende im März startet in Anchorage das mit einer Länge von mehr als 1 800 Kilometern härteste Schlittenhunderennen der Welt. Gemeinsam mit seiner Familie betreibt Buser die Firma Happy Trails Kennels in Big Lake. Besucher erfahren dort alles über den Schlittenhundesport und können die Tiere ganz nah erleben.
Die Huskys stimmen ein ohrenbetäubendes Gejaule an, als Martin Buser die 16 Tiere auswählt, die uns an diesem Tag vorführen dürfen, wie sie ein Gespann ziehen. Jeder will dabei sein, jeder will auf sich aufmerksam machen. „Die Hunde wollen nur eines, nämlich laufen“, erklärt der Züchter das Theater. Warum sie jeweils einzeln an ihrer Hütte an der Kette gehalten werden, fragen die tierliebenden Touristen mitleidsvoll. „Sie würden sich sonst gegenseitig bekämpfen“, sagt Buser und schmust dabei liebevoll mit Caribou, der bereits neunmal den Iditarod gelaufen ist. Von seinen 80 Hunden können jeweils nur 16 am Rennen teilnehmen. Doch auch sein Sohn Rohn – benannt nach einem der Streckenposten des Iditarod – startet inzwischen mit einem eigenen Gespann. Martins Rekord für die Strecke von Anchorage nach Nome an der Beringsee liegt bei acht Tagen und 22 Stunden. Von den circa 60 Teams, die jedes Jahr starten, kommen aber längst nicht alle ins Ziel. „Es gibt mehr Menschen, die den Mount McKinley erklommen haben, als die den Iditarod beendet haben“, sagt Buser. Er ist einer davon.