Bei Rihanna vor der Haustür: Schnorcheln mit Schildkröten, reichlich Geschichte, Begegnungen mit Bajans – die Karibikinsel bietet weit mehr als Luxusurlaub unter Palmen.
Von Werner Wenzel
Redaktionsleitung Digital Hub
Beliebt nicht nur als postkartentaugliches Fotomotiv: Der Strand an der Bottom Bay.
(Foto: Werner Wenzel)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
Silver Sands. Genauso sieht der Strand auch aus. Silbern leuchtend liegt er in der karibischen Sonne. Weit draußen auf der Atlantik-Seite der kleinen Insel Barbados fliegt ein Kitesurfer über die Wellen, und am Ufer predigt Brian Talma das, was er Beach Culture nennt: Love, Peace, Strandkultur und – Surfen. Sie nennen ihn „de Action Man“, und als müsste er beweisen, warum das so ist, referiert der braun gebrannte 53-Jährige in rund zehn Minuten all das, was er grellbunt in vielen Kapiteln aufgeschrieben hat – auf Rumpf und Aufbau des alten Fischerboots auf dem Strand von Silver Sands und auf den Treibholz-Hütten, in denen er Bretter, Segel und Kites für sich und seine Gäste aufbewahrt. Eine Show, die sofort erklärt, warum „de Action“ nach seinen beiden Olympiastarts als Surfer in Barcelona und Seoul als einer der vielen Botschafter des kleinen Inselstaats Barbados gilt.
Doch vielleicht ist der quirlige blonde Ex-Profi nicht ganz der typische Bajan, wie die Menschen aus Barbados sich nennen, und vielleicht sind die Surf-Gäste in seinen Appartements auch nicht ganz typisch für die 660 000 Touristen, die 2017 die östlichste Insel der kleinen Antillen besuchten. Denn die ehemalige britische Kolonie, erst seit 1966 selbstständig und enorm stolz darauf, steht eher für gediegenen Luxus und entspannte Tage an schneeweißen Stränden mit hohen Palmen. Und diese Strände sind – rund um die Insel und anders als in allen anderen Karibikstaaten – sämtlich öffentlich zugänglich.
600.000 Touristen kamen 2017 auf die Insel
So auch die atlantische Postkartenidylle von Bottom Bay und auf der Westseite die Strände der ehemaligen Goldküste, wo 1625 die ersten englischen Siedler landeten, deren Nachfahren bis zur Unabhängigkeit die Geschicke der Inselbewohner bestimmen sollten. Die riesige Garnison im Süden der Hauptstadt Bridgetown steht als Zeuge der kolonialen Vergangenheit seit 2011 auf der Welterbe-Liste der Unesco und ist ebenso einen Besuch wert wie das Haus, in dem George Washington Mitte des 18. Jahrhunderts einige Zeit auf der Insel lebte oder wie das aus dem hellen Korallenkalkstein errichtete Parlament, das drittälteste im Commonwealth. Einen Besuch lohnen auch die Anwesen, die außerhalb der Hauptstadt von der goldenen Zeit der Zuckerbarone künden. Die Zuckerproduzenten und der – selbstverständlich auf Barbados entdeckte – Prozess, aus Melasse Rum zu produzieren waren es, die der Insel zu erheblichem Wohlstand verhalfen. Seit 1703 – so heißt auch die populärste Marke der Destillerie Mount Gay – ist Rum auf Barbados allgegenwärtig, oft als Punsch, gern aber auch pur. Und die Rumshops sind wohl die einzige Einrichtung, die auf der Insel noch häufiger anzutreffen ist als Kirchen aller erdenklichen, meist christlichen Konfessionen.
Beliebt nicht nur als postkartentaugliches Fotomotiv: Der Strand an der Bottom Bay. Foto: Werner Wenzel
Mit dem Katamaran in den karibischen Sonnenuntergang vor Barbados – paradiesisch. Foto: Werner Wenzel
Erlebnis für Schnorchler in der Carlisle Bay bei Bridgetown: Ein Exemplar der vom Aussterben bedrohten Echten Karettschildkröten. Foto: Werner Wenzel
Entspannter Törn nach dem Tauchgang: Mit dem Katamaran geht es auf die karibische See, zu Schildkröten und Schiffswracks. Foto: Werner Wenzel
4
Bei Rihanna vor der Haustür
Aus der Goldküste ist längst die Platinum Coast geworden. Der Wohlstand der weißen Herren aus der Zucker- und Rumproduktion ist passé, gewichen dem Image, dass hier die Reichen, Schönen und Berühmten aus aller Welt außer Offshore-Geschäften auch Urlaub machen können. An der Platinküste hat Tiger Woods vor etlichen Jahren die wohl teuerste Hochzeit aller Zeiten gefeiert, als er dort Model Elin Nordegren ehelichte, im Sandy Lane Hotel, wo als Greenfee für eine Runde Golf auf dem 18-Loch-Kurs mal eben 4000 Dollar aufgerufen werden. Einige Hundert Meter weiter hat die berühmteste Bajan unserer Tage, Pop-Ikone Rihanna, sich für eine Summe irgendwo zwischen 20 und 22 Millionen US-Dollar eine von acht Suiten an der Topadresse One Sandy Lane erworben – und dafür hat sie nicht mal einen Privatstrand.
REISE-CHECK
Anreise:
Mit Condor nonstop von Frankfurt nach Barbados, ab etwa 600 Euro.
Unterkunft: Cobblers Cove, Luxushotel im Landhausstil mit preisgekröntem Spitzenrestaurant an der Platinum Coast, ÜF ab circa 412 Euro pro DZ, www.cobblerscove.com
Colleton House, altes Herrenhaus mit Kunstsammlung oberhalb der Platinum Coast, ÜF ab circa 144 Euro pro DZ, www.colletonhouse.com
Schnorcheln:
Katamaran-Touren gibt es bei Anbietern wie Silver Moon, circa 100 Euro / Person inkl. Essen und Getränke, www.silvermoonbarbados.com
Reisezeit:
Auf Barbados ist ganzjährig Reisesaison. Die Hurricane Season, die manche Karibikinseln regelmäßig heimsucht, verschont die weit östlich gelegene Insel weitestgehend – der letzte Hurrikan fegte 1955 über Barbados.
Infos:
www.visitbarbados.org/de
Die Nobelwohnanlage am Highway 1 ist ebenso zum Touristenmagneten geworden wie Rihannas mittlerweile unbewohntes Elternhaus in Bridgetowns Westbury New Road, die seit Ende 2017 den Namen der exaltierten Sängerin trägt – Rihanna Drive. Das überdimensionierte Straßenschild und das bunt getünchte Häuschen sind Kulisse für Pärchen-Selfies von Menschen aus aller Welt. Wer nicht zu den ganz Reichen und Schönen gehört, findet auch auf Barbados günstigere Bed & Breakfasts, Appartements direkt am Strand und Budget Hotels. Oder Preziosen wie Colleton House, ein altes Herrenhaus voller Kunst und Antiquitäten, mit einer grandiosen Sammlung außereuropäischer Skulpturen auf dem Anwesen etwas oberhalb der Küste. Gediegen geht es hingegen in den Boutique Hotels wie dem Sugar Bay südlich von Bridgetown zu. All inclusive kostet hier die Nacht in der Unterkunft mit Pools, Wellness und mehreren Restaurants ab etwa 300 Euro aufwärts. Aber kommt man wegen der Wellness nach Barbados? Wohl kaum. Eher schon wegen solcher Hot Spots wie Hunte’s Gardens: Hier hat Anthony Hunte, 75 Jahre alt, Bajan und Insel-Original, in den vergangenen Jahren aus einer eingebrochenen Höhle, einem sogenannten Gully, einen bunten, auf vielen Stufen wuchernden Tropengarten angelegt. Mit seinem britisch geprägten Humor bringt er ihn den Besuchern gern selbst nahe.
„The pool is open“ – ab zu den Schildkröten
Und noch eher kommt man natürlich wegen der Strände. Schneeweiß, wenn nicht gerade eine Ladung Sargassum-Seegras an der Wasserlinie dümpelt. Und endlos lang, 110 Kilometer rund um die Insel. Der Strand von Carlisle Bay, südlich von Bridgetown, ist einer der stärker frequentierten. Im warmen türkisfarbenen Meer machen Bajans am Wochenende hier Flachwassergymnastik, europäische Brautpaare lassen sich vor der Traumkulisse ablichten, und Touristen kommen mit Piratenschiff oder Glasbodenboot weiter draußen in die Bucht.
Andere hingegen bevorzugen den gecharterten Katamaran: „The pool is open“, ruft Skipper Micky, und Taucher Robert hilft den Gästen beim Anlegen von Westen und Taucherbrillen, springt voraus ins Wasser. Und dann der Blick nach unten: Von links kommt eine riesige Schildkröte, eine Echte Karrettschildkröte, von rechts unten nähert sich eine Grüne Meeresschildkröte. Minutenlang schwimmen die Tiere mit den Schnorchlern umher, tauchen unter ihnen ab in die Tiefe, kommen von irgendwoher wieder ins Blickfeld. Man könnte das stundenlang beobachten. Doch Robert will weiter, wenige Meter entfernt wirft Micky wieder Anker: „The pool is open.“ Dieses Mal ist es ein Wrack, das wie Dutzende andere hier im flachen Wasser liegt, ein künstliches Riff, von Korallen überzogen und von Dutzenden Fischarten besiedelt, nur wenige Meter unter der Wasserlinie. Ein Traum schon für Schnorchler, um wie viel mehr dann noch für Taucher?
Was soll denn da noch kommen, nach solchen Erlebnissen? Vielleicht ein Abendessen an Bord, ein paar Drinks in der nächsten malerischen Bucht? Und dann in den Sonnenuntergang segeln? Genau das. Paradiesisch.