Mit einem neuen Gesetz will die Bundesregierung Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern festschreiben. Der Mainzer Rechtsanwalt Philipp Kranz erklärt im ersten von zwei...
. Mit einem neuen Gesetz will die Bundesregierung Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern festschreiben. Der Mainzer Rechtsanwalt Philipp Kranz erklärt im ersten von zwei Interviewteilen zum Thema Geschlechtergerechtigkeit am Arbeitsplatz, was sich durch das sogenannte Entgelttransparenzgesetz für Unternehmen und Arbeitnehmer ändern soll.
Ein Schritt zu mehr Gerechtigkeit, sagen die einen. Ein Türöffner für Schnüffelei und innerbetrieblichen Unfrieden, sagen die anderen. Welchem Zweck dient das neue Gesetz zur Lohngleichheit?
In Deutschland existiert nach wie vor eine sogenannte „Lohnlücke“. Frauen erhalten trotz vergleichbarer Qualifikation für vergleichbare Tätigkeiten häufig ein niedrigeres Gehalt als Männer. Auch wenn es hierfür in manchen Fällen nachvollziehbare Gründe geben mag, soll das neue Entgelttransparenzgesetz dazu beitragen, diese Lücke zu schließen.
Wie soll das genau gelingen?
Zwar verbietet das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) bereits seit vielen Jahren, Frauen auf Grund ihres Geschlechts für vergleichbare Tätigkeiten weniger zu zahlen als Männern. Verstößt ein Arbeitgeber hiergegen, können Betroffene die Gehaltsdifferenz einklagen und darüber hinaus unter Umständen auch noch Schadensersatz verlangen. Solche Prozesse scheitern bislang allerdings häufig daran, dass Betroffene keine oder nur unzureichende Informationen über die Gehälter vergleichbarer Kollegen erhalten. Das neue „Entgelttransparenzgesetz“ soll genau dieses Problem beseitigen. Es soll unter anderem Arbeitnehmerinnen einen Anspruch auf Auskunft über das durchschnittliche Gehalt vergleichbarer Kollegen einräumen.
Wie sieht der Auskunftsanspruch praktisch aus, wann und wo gilt er?
Vereinfacht dargestellt soll der Auskunftsanspruch wie folgt aussehen: Er soll lediglich in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten bestehen. Dort sollen Arbeitnehmer in der Regel alle zwei Jahre Auskunft über das durchschnittliche Bruttomonatsentgelt für eine gleiche oder vergleichbare Tätigkeit verlangen können. Die Arbeitnehmer sollen ihr Auskunftsverlangen an den Betriebsrat richten, sofern ein solcher besteht. Existiert kein Betriebsrat, sollen die Arbeitnehmer sich direkt an den Arbeitgeber wenden. Arbeitgeber oder Betriebsrat müssten sodann mitteilen, wie hoch das durchschnittliche Bruttomonatsentgelt aller Beschäftigten des jeweils anderen Geschlechts mit einer gleichen oder vergleichbaren Tätigkeit ist. Richtet sich das Entgelt nach einem Tarifvertrag, soll über das Durchschnittsentgelt aller Beschäftigten des jeweils anderen Geschlechts in der gleichen Entgelt- oder Besoldungsgruppe informiert werden. Darüber hinaus soll Auskunft darüber enteilt werden, nach welchen Kriterien das Entgelt des Antragstellers sowie das Entgelt für die Vergleichstätigkeit festgelegt werden.
Können auch Männer erfahren, was andere Männer oder Frauen aus ihrem Kollegenkreis verdienen?
Selbstverständlich. Das Gesetz nimmt kein Geschlecht aus. Es soll allgemein zur Lohngleichheit beitragen. Auch Männer können daher erfahren, was ihre Kolleginnen in vergleichbaren Positionen durchschnittlich verdienen.
Worin liegt der administrative Aufwand für die Unternehmen?
Die Unternehmen müssten insbesondere Vergleichsgruppen bilden und innerhalb dieser Vergleichsgruppen stets den aktuellen Mittelwert der Bruttomonatsgehälter aller Beschäftigten des jeweils anderen Geschlechts ermitteln. Darüber hinaus wären die gesetzliche Vorgaben zum konkreten Umfang und Inhalt der Auskunft sowie Formvorschriften bei der Kommunikation mit dem Betriebsrat zu beachten. All dies ginge selbstverständlich mit einem nicht unbeträchtlichen Zeitaufwand einher.
Das Interview führte Torben Schröder.