OPPENHEIM - Auch ein Bürgermeister darf kulant sein. Doch in diesem Fall ging es dem Landesrechnungshof mit der Kulanz etwas zu weit. Dies geht aus vertraulichen Schreiben des Rechnungshofs im Fall des Oppenheimer Bürgermeisters Marcus Held (SPD) hervor, das unserer Zeitung vorliegt. So erließ Held (SPD) der Käuferin eines städtischen Grundstücks 2016 eine Stange Geld. Statt der ursprünglich vereinbarten 145 Euro musste die Frau nur 130 Euro pro Quadratmeter zahlen, damit sparte sie 22500 Euro. Angeblich, weil die Frau für zwei Grundstücke geplant hatte, aber zunächst nur eines kaufen konnte.
Preisreduzierung auf 12,5 Prozent moniert
Als die Oppenheimerin später ein zweites, kleineres Grundstück hinzukaufte – es sollte ursprünglich einer Notausfahrt für eine neue Polizeiinspektion dienen, woraus nichts wurde – musste sie nur 5000 Euro für 307 Quadratmeter zahlen. Die Stadt verzichtete auf Einnahmen von knapp 35000 Euro. Laut Gemeindeordnung schreibt der Rechnungshof, dürfe ein Bürgermeister bei „Restflächen“ mit dem Preis zwar unterhalb des Verkehrswertes gehen. „Eine Preisreduzierung auf lediglich 12,5 Prozent des ohnehin schon reduzierten Regelkaufpreises bedarf jedoch einer äußerst gewichtigen Legitimation, um als wirtschaftlich vertretbar gelten zu können.“
So ist es in dem elfseitigen Fragenkatalog formuliert, den der Rechnungshof am 4. April an die Verbandsgemeinde Rhein-Selz verschickt hat. Hintergrund sind anonyme Vorwürfe gegen Held, der für die SPD im Bundestag sitzt. Ein anonymer Briefeschreiber hatte dem Politiker Untreue in Zusammenhang mit städtischen Grundstücksgeschäften vorgeworfen. Von seinen Geschäften hätten Parteifreunde profitiert. Held weist die Vorwürfe zurück, die er selbst öffentlich gemacht hatte. Die Vorwürfe sind auch nicht bewiesen. Die Staatsanwaltschaft wartet auf die Ergebnisse des Rechnungshofs. Dessen Prüfungen könnten sich noch über Monate ziehen.
Der Rechnungshof hat nun Akten der Verbandsgemeinde ausgewertet. Das vertrauliche Schreiben ist eine erste Zwischenbewertung, und die ist überaus kritisch. Es geht unter anderem um Maklerleistungen, die von der Stadt Oppenheim gezahlt wurden, als sie im Jahr 2014 Grundstücke für das Neubaugebiet „Krämereck Süd“ ankaufte. Nach Aussage des Rechnungshofs zahlte die Stadt für die Vermittlung von 14 Grundstückskaufverträgen rund 164 000 Euro an ein Maklerbüro. Dem Rechnungshof stellen sich nun „Fragen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Auftragserteilung“. So habe es offenbar keine schriftliche Auftragserteilung der Stadt an den Makler gegeben; wenn überhaupt, dann mündlich. Den Prüfern aus Speyer stellt sich – wie auch dem anonymen Hinweisgeber – die Frage, warum der Makler offenbar vom Käufer beauftragt wurde, aber die Stadt die Rechnungen bezahlte.
Auch bezweifelt der Rechnungshof die Wirtschaftlichkeit des Vorgehens. Selbst wenn die Verbandsgemeinde ihre Liegenschaftsabteilung für diese Arbeiten um eine halbe Stelle aufgestockt hätte, hätten die Kosten nur ein Viertel der Maklercourtage betragen. Auch gebe es Zweifel zur „sachlichen Richtigkeit der angewiesenen Rechnungen“. So habe im April 2014 ein Mitarbeiter der Verbandsgemeinde darauf hingewiesen, dass „zahlungsbegründende Unterlagen fehlten“. Die Feststellung der sachlichen Richtigkeit sei dann allein aufgrund eines Telefonats mit Held erfolgt. Die Anregungen des Mitarbeiters, doch das weitere Verfahren mit der Kommunalaufsicht zu klären, lehnte der Verbandsbürgermeister ab. Dieser heißt Klaus Penzer (SPD).