Der SWR verabschiedet sich schleichend aus der Struktur, die seit der Fusion von SWF und SDR galten - allerdings nicht bei Hierarchie und den Gremien.
MAINZ. Der SWR macht mit seiner Programmreform ernst. Einsparungen im linearen Fernsehen sollen Investitionen in digitale Formate ermöglichen. Insbesondere im Sport, in der Kultur und bei Dokumentationen werden auf den zwischen Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg auseinandergeschalteten dritten Fernsehprogrammen vermehrt zusammengelegte Sendungen laufen, die über die Entwicklung in beiden Ländern berichten sollen.
Den Anfang macht „SWR Sport aus Rheinland-Pfalz“ am Sonntagabend. Eine Sendung, die in der Redaktion und bei den Zuschauern immer noch als „Flutlicht“ abgespeichert ist. In der letzten Sendung vor der Sommerpause wurde das letzte Mal auseinandergeschaltet. Ab dem 17. Juli wird es nur noch eine länderübergreifende Sonntagabendsendung geben, in denen die Geschehnisse rund um den VfB Stuttgart, den SC Freiburg, Mainz 05 und den 1. FC Kaiserslautern gebündelt werden sollen.
Überaltertes TV-Format
Intern war diese Zusammenlegung zwar schon seit längerem kommuniziert worden. Gegenüber den Zuschauern ist sie dagegen bewusst nicht angekündigt worden. Nach Informationen dieser Zeitung hatte die Leitung der Hauptabteilung Sport in Stuttgart der Mainzer Redaktion untersagt, die Zusammenlegung in der letzten rheinland-pfälzischen Ausgabe zu thematisieren. Stattdessen gab es in der Sendung, die Moderator Holger Wienpahl nach über 20 Jahren zum letzten Mal präsentierte, einen Rückblick auf das Traditionsformat unter dem fingierten Jubiläum 1500 Sendungen SWR-Sport aus Rheinland-Pfalz/Flutlicht. Tatsächlich sind auf dem Sendeplatz bereits über 1600 Sendungen ausgestrahlt worden.
Allerdings mit einer immer geringeren Zuschauerresonanz. 50.000 bis 60.000 Zuschauer galten zuletzt bei „SWR Sport aus Rheinland-Pfalz“ schon als überdurchschnittlich gut. Das TV-Format ist zudem hoffnungslos überaltert. Mehr als die Hälfte der Zuschauer sollen über 70 Jahre alt sein, nur zehn Prozent unter 50. Über die SWR-Online-Formate „Dein FCK“ oder „Dein FSV“, die nicht nur auf den Mediatheken des Senders, sondern auch auf Youtube angesteuert und geteilt werden können, erreicht der SWR inzwischen deutlich mehr und auch deutlich jüngere Zuschauer.
Bei der Fusion der ehemaligen Sender SWF (Baden-Baden und Mainz) und SDR (Stuttgart) unter einem Dach waren 1998 zwei Landessender geschaffen worden, um die regionalen Informationsprogramme für Politik, Wirtschaft, Sport und Kultur im Radio und Fernsehen bewusst auseinanderschalten zu können. Die als überfrachtet geltende Struktur des SWR mit einem Intendanten und zwei Landessenderdirektorinnen - Senderjargon: „Für jede Staatskanzlei eine“ - ist bis heute unter den Mehr-Länder-Anstalten der ARD einmalig. Während diese Länderstruktur in der Hierarchie und den Gremien des Senders bewusst beibehalten wird, wird sie in den Programmen immer stärker zurückgefahren. Im Hörfunk werden die Nachrichtensendungen seit geraumer Zeit am Produktionsstandort Baden-Baden produziert. Im Fernsehen werden nun die eigenständigen Sport- und Kultursendungen aufgegeben. Ab wann die nur für Rheinland-Pfalz produzierte Kultursendung „Landesart“ aufgegeben wird, ist angeblich noch nicht entschieden.
Landesrundfunkrat ist hellhörig geworden
In der Sportredaktion macht sich die Sorge breit, dass in der künftig länderübergreifenden TV-Sendung „SWR Sport“ der FCK als Zweitligist und Mainz 05 mit seiner auch im Digitalen deutlich kleineren Fanbasis gegenüber der Berichterstattung über den VfB Stuttgart und den SC Freiburg den Kürzeren ziehen könnten. Da das Format an den beiden Standorten Stuttgart und Mainz in der Frequenz 3:1 produziert werden soll, ist zudem fraglich, wie häufig es dem SWR noch gelingen wird, prominente Protagonisten der rheinland-pfälzischen Vereine in ihre Sport-Studios zu bekommen.
Der nur für Rheinland-Pfalz zuständige Landesrundfunkrat (der SWR leistet sich auch drei Programmgremien) ist angesichts dieser Entwicklung hellhörig geworden. Die Vorsitzende des Landesrundfunkrats, Susanne Wingertszahn, sagte gegenüber dieser Zeitung, das Gremium wolle auf der nächsten und auch auf künftigen Sitzungen über den Prozess der länderübergreifenden Zusammenlegungen auf dem Laufenden gehalten werden. Aus der Staatskanzlei von Ministerpräsidentin Malu Dreyer kam auf Anfrage das Statement: „Die Ausgestaltung der Berichterstattung unterliegt der Programmautonomie des SWR“ - übersetzt heißt das: Uns ist bewusst, dass das die Landesregierung nichts angeht. Die vielsagende Ergänzung: „Wir erwarten jedoch, dass bei solchen Entscheidungen die Balance aller Standorte in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg gewahrt wird“.