Für Autofahrer sind sie ärgerliche Hindernisse, für viele Polizeibeamte eine erhebliche zusätzliche Belastung: Rund eine halbe Million Großraum- und Schwertransporte...
MAINZ. Für Autofahrer sind sie ärgerliche Hindernisse, für viele Polizeibeamte eine erhebliche zusätzliche Belastung: Rund eine halbe Million Großraum- und Schwertransporte rollen laut Angaben des Landesbetriebs Straßenbau NRW pro Jahr über Deutschlands Autobahnen, Bundes- und Landestraßen. Und es werden immer mehr, dafür sorgen vor allem der Bau von Windkraftanlagen, aber auch gigantische Bauprojekte wie die Hochmoselbrücke bei Zeltingen-Rachtig.
Laut einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung müssen solche Transporte, deren Abmessungen oder Gewicht die zulässigen Grenzen überschreiten, von der Polizei eskortiert werden. Allein in Rheinland-Pfalz hatte die Polizei laut Auskunft des Innenministeriums in Mainz zuletzt jährlich rund 6000 solcher Begleitungen zu übernehmen. „Wenn irgendwo in der Nähe einer kleinen Polizeidienststelle ein neuer Windpark gebaut wird, dann machen die Kollegen dort praktisch nichts anderes mehr, als Schwertransporte abzusichern“, sagt Ernst Scharbach, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP).
Inzwischen läuft schon das neunte Pilotprojekt
Schon seit Längerem gibt es Überlegungen, wie man die Polizei von dieser personalintensiven Aufgabe entlasten und so Kräfte freisetzen könnte für dringlichere Aufgaben – die Bekämpfung des Terrorismus oder die Jagd auf Wohnungseinbrecher etwa. Eine von Bayern geleitete Arbeitsgruppe auf Bundesebene prüft derzeit, ob die Absicherung von Schwertransporten komplett Privatfirmen überlassen werden kann. Erprobt wird diese Lösung einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ zufolge auf Strecken in Mittelfranken.
Rheinland-Pfalz ist zwar in dieser Arbeitsgruppe vertreten, wie das Innenministerium weiter mitteilt, geht aber auch noch einen anderen Weg. Seit Mitte 2015, so heißt es aus dem Ministerium, werden zur Entlastung der Polizei von Transportbegleitungen eigene Pilotprojekte durchgeführt. Zur Zeit laufe in Zusammenhang mit der Errichtung des Windparks Merschbach (Kreis Bernkastel-Wittlich) Pilotprojekt Nummer neun. Anders als in Bayern, wo es um die „Beleihung“ – die vorübergehende Ausstattung also – von Privaten mit hoheitlichen Kompetenzen geht, die sie beispielsweise dazu befugen, aufgrund eigenen Ermessens den Verkehr anzuhalten oder Abschnitte zu sperren, wird in Rheinland-Pfalz der Einsatz sogenannter Verwaltungshelfer zur Begleitung von Schwertransporten getestet. Damit sind zwar ebenfalls Privatpersonen gemeint, in der Regel Speditionsmitarbeiter, doch diese haben im Unterschied zur bayrischen Lösung keinerlei Ermessensspielraum. Vielmehr dürfen sie lediglich die zuvor von der Straßenverkehrsbehörde für bestimmte Strecken angeordneten und sehr eng gefassten Maßnahmen zur Verkehrsregelung umsetzen, also beispielsweise die verlangten Schilder aufstellen, wie ein Ministeriumssprecher erläutert. Bislang sind in Rheinland-Pfalz neun solcher Teststrecken vom Verkehrsministerium genehmigt worden.
Eine Million Euro weniger Gebühreneinnahmen?
Ob es nun auf die weitgehende bayerische Variante mit dem Einsatz privater „Hilfspolizisten“ hinausläuft oder auf das mildere rheinland-pfälzische Modell mit den Verwaltungshelfern: Soll die Polizei von der lästigen Aufgabe der Transportbegleitung befreit werden, muss ein beträchtliches finanzielles Opfer gebracht werden. Auf rund eine Million Euro belaufen sich laut Innenministerium die jährlichen Verwaltungseinnahmen durch Gebühren, die den Speditionen für den Polizeieinsatz abverlangt werden. Dieses Geld würde künftig nicht mehr zur Verfügung stehen. „Dessen ist man sich durchaus bewusst“, sagte der Ministeriumssprecher. Die Pilotprojekte würden dennoch vorangetrieben.
Bei der Gewerkschaft der Polizei kommen die Pläne zur Entlastung der Polizei gut an. „Das entspricht unseren Forderungen“, kommentiert Landeschef Ernst Scharbach die Überlegungen seitens der Regierung in Mainz. Die Übertragung polizeilicher Aufgaben an Private sei zwar eine heikle Angelegenheit – „Wo fängt man an, wo hört man auf?“ – doch in begrenztem Umfang „würden wir das begrüßen“.