Die vielen Baustellen der FDP Rheinland-Pfalz

Volker Wissing (FDP), Wirtschaftsminister von Rheinland-Pfalz, und Generalsekretär der Liberalen auf Bundesebene. Foto: dpa

Das Personaltableau der Liberalen für die zweite Ampel-Phase steht, aber es gibt viele Fragezeichen und Hypotheken für Volker Wissing, Daniela Schmitt & Co.

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MAINZ. Die Woche des Volker Wissing ist - freundlich ausgedrückt - suboptimal gelaufen. Am Donnerstag vor einer Woche musste sich der Vorsitzende der FDP Rheinland-Pfalz von der Parteibasis viel Widerspruch anhören: Die Liberalen hätten (anders als die Grünen) zu wenig vom eigenen Profil in den Ampelkoalitionsvertrag eingebracht. Am Samstag platzte dann die Landesvorstandswahl, weil die Technik streikte. Bei der Fortsetzung am Montag gab es zum Teil miserable Ergebnisse, Wissing selbst erhielt nur 64,5 Prozent. Am Dienstag dann bekam sein Personalvorschlag fürs Kabinett im Landeshauptausschuss auch nur knapp 77 Prozent Ja-Stimmen. Berauschend ist anders.

"Es rumort", sagt ein gut vernetztes Parteimitglied, das nicht genannt werden will. "Es gibt in der FDP Widerstand gegen Wissing und seine ,Vertrauten'. In einem Maße, wie ich es noch nie erlebt habe." Selbst der bevorstehende Bundestagswahlkampf habe nur bedingt zur Disziplinierung beigetragen. Aus dem Lager von Wissing und Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt ist indes zu hören, der Landeschef sei "nicht fair" behandelt worden. In der Partei hätten einige ihr Mütchen kühlen wollen, sich dafür aber den Falschen ausgesucht.

Von den Gelben die Gelbe Karte gezeigt

Unstrittig bleibt: Wissing bekam von den Gelben die Gelbe Karte gezeigt, noch unmissverständlicher als Julia Klöckner von der CDU bei ihrer Kandidatur zur Bundestagswahl. Auch die stellvertretende FDP-Landesvorsitzende Sandra Weeser (53,2 Prozent) und Justizminister Herbert Mertin (70) ließen Federn. Luca Lichtenthäler, Vorsitzender der Jungen Liberalen, die in Treue fest zu Wissing standen, sitzt nicht mehr im Landesvorstand. Fast ein Erdbeben.

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Nicht nur wegen dieser Zahlen geht die FDP mit Hypotheken und Fragezeichen in die zweite Ampel-Legislaturperiode. Die Fraktion ist auf sechs Köpfe geschrumpft. Weil die Minister Schmitt und Mertin ihre Mandate behalten wollen, rollt auf die übrigen vier Abgeordneten ein Berg von Ausschuss- und Fraktionsarbeit zu. Marco Weber bleibt zwar Parlamentarischer Geschäftsführer, aber der erhoffte Aufstieg zum Fraktionsvorsitzenden, für den ihn die Ex-Chefin Cornelia Willius-Senzer frühzeitig ins Spiel gebracht hat, gelang ihm nicht.

Fraktionschef wird nun Philipp Fernis, für viele Liberale derzeit der größte, vielleicht sogar einzige Hoffnungsträger. "Fernis ist der einzige, der das jetzt retten kann", sagt ein Parteiinsider über den bisherigen Justizstaatssekretär. Weil Andy Becht Wirtschaftsstaatssekretär bleibt, rückt Steven Wink in die Fraktion nach. Das begrüßen viele, Wink wird für seinen Fleiß und sie Haltung geschätzt. Aber: Der Pfälzer hat nun in seinem Bezirksverband mit Wissing, Becht sowie den neuen Staatssekretären Matthias Frey (Justiz) und Petra Dick-Walther (Wirtschaft) vier große Namen vor der Brust. Auf lange Sicht könnte das die Aufstiegschancen des 37 Jahre jungen Pirmasensers schmälern.

Ein Nachrücker, der der Parteispitze nicht passt?

Warum die Minister Schmitt und Mertin ihre Mandate nicht abgeben, um so die Arbeitsbelastung in der Fraktion besser zu verteilen, erklärt ein Insider so: So sehr man das Nachrücken von Wink in den Landtag begrüßt, so sehr wolle man den nächsten Nachrücker, Stefan Thoma, verhindern. Der 33 Jahre alte Wittlicher gilt nicht gerade als größter lebender Wissing-Anhänger. Ganz anders sieht es bei Dick-Walther. Die 54 Jahre alte Bad Dürkheimerin ist quasi die Inkarnation des von Ministerin Schmitt so oft gelobten "blühenden Mittelstandes", trägt ihre und Wissings Politik zumeist vorbehaltlos mit. Doch auch das sorgt für Stirnrunzeln. "Wo findet im Wirtschaftsministerium künftig noch Industriepolitik statt?", fragt man in Verbandskreisen. Die Liberalen böten eine offene Flanke für SPD-Superminister Alexander Schweitzer. Ein Parteimitglied kommt daher zu dem ernüchternden Fazit: "Ganz viele Entscheidungen sind von Angst geprägt. Die Ausgangslage ist bescheiden."

Von Ulrich Gerecke