Lkw-Streik Gräfenhausen: Fahrer treten in den Hungerstreik

Angespannte Lage: Der niederländische Gewerkschafter Edwin Atema (rechts) spricht mit den Lkw-Fahrern.
© Arne Dedert/dpa

Nächste Eskalationsstufe im Streik der osteuropäischen Lkw-Fahrer an einer Raststätte der A5 in Hessen: 30 Fahrer wollen nicht mehr essen, bis sie ihre ausstehenden Löhne erhalten.

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Gräfenhausen. Rund 30 Lastwagenfahrer sind an der hessischen Autobahnraststätte Gräfenhausen in einen Hungerstreik getreten. Sie und weitere 50 Fahrer stehen bereits seit Wochen an der A5 in der Nähe von Weiterstadt mit ihren Lkw und verweigern die Weiterfahrt. Die Fahrer fordern ausstehende Löhne ihres Spediteurs in Polen, Łukasz Mazur. Der Hungerstreik stellt nun die nächste Eskalationsstufe des Konflikts dar, wie Edwin Atema von der europäischen Transportarbeitergewerkschaft am Dienstag gegenüber mehreren Medien mitteilte. Atema ist von den Fahrern als Vermittler im Streik beauftragt worden.

Verhandlungen sollen toten Punkt erreicht haben

Seit zwei Monaten laufen Gespräche zwischen der polnischen Speditionsfirma und den Vermittlern. Weil die Verhandlungen zuletzt allerdings einen toten Punkt erreicht hatten, habe sich ein großer Teil der streikenden Fahrer nun für einen Hungerstreik entschieden, so Atema. Ein drastischer Schritt. „Die Lage ist erschreckend“, sagte Atema dem Hessischen Rundfunk (HR): „Ein Hungerstreik, weil Menschen ihren Lohn nicht kriegen, sollte in Europa nicht stattfinden müssen.“ Gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) erklärte Atema weiter, die Fahrer aus Georgien, Usbekistan, Tadschikistan und der Ukraine befänden sich „in einer verzweifelten Lage“. Weil der Spediteur sich weigere, ihre Löhne auszuzahlen, hätten viele Fahrer kein Geld für ihre Familien, für den Kauf von Lebensmitteln oder Medikamenten.

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Laut „FAZ“ erhob Atema auch schwere Vorwürfe gegen die deutsche Wirtschaft, die indirekt weiterhin mit der polnischen Spedition Geschäfte mache und somit mit ihr verbunden sei. Unter anderem erhielten zum Beispiel Baumarktketten in Deutschland nach wie vor Lieferungen der Spedition. „Wenn hier in Gräfenhausen nun in Folge des Hungerstreiks Menschen sterben, dann ist das nicht nur die Schuld von Mazur“, so Atema. Zudem gebe es zwar viel politische Aufmerksamkeit für die streikenden Fahrer, aber nach wie vor keine wirksamen Ansätze zur Hilfe.

130 Fahrer in der Spitze in Gräfenhausen

Mitte Juli hatten mehrere Lkw-Fahrer den Autobahnrastplatz Gräfenhausen angefahren, um sich ihre ausstehenden Löhne zu erstreiken. Anfangs nur ein Dutzend Fahrer, im Laufe der Zeit kamen immer mehr dazu. In der Spitze wollten mehr als 130 Menschen für ihr Gehalt an der A5 kämpfen. Es ist bereits der zweitere größere Lkw-Streik an der Raststätte in diesem Jahr. Im Frühjahr hatten schon einmal mehrere Lkw-Führer wochenlang an der gleichen Stelle für ihren Lohn gestreikt. Der Fall beschäftigt seitdem auch die Justiz: Die Staatsanwaltschaft Darmstadt ermittelt sowohl gegen die polnische Spedition als auch gegen die Fahrer.

So informiert das DGB-Beratungsnetzwerk „Faire Mobilität“ auf X (vormals Twitter):