Corona-Leugner in Berlin: Polizei setzt Wasserwerfer ein
Erneut ist ein Protest gegen die Corona-Politik eskaliert. Mitten im Regierungsviertel ging die Berliner Polizei am Mittwoch mit Wasserwerfern gegen Demonstranten vor.
Von epd/dpa
Wie auch am vergangenen Wochenende in Frankfurt kamen auch in Berlin Wasserwerfer gegen die Demonstranten zum Einsatz.
(Foto: dpa)
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BERLIN - Sirenen, Hubschrauber und Wasserwerfer in der Nähe des Bundestages: Erneut ist ein Protest gegen die Corona-Politik der Bundesregierung eskaliert. Mitten im Regierungsviertel ging die Berliner Polizei am Mittwoch mit Wasserwerfern gegen Demonstranten vor. Zuvor hatten die Sicherheitskräfte vergeblich versucht, eine bereits beendete Versammlung am Brandenburger Tor unweit des Reichstagsgebäudes aufzulösen. Die Demonstranten wollten gegen das Infektionsschutzgesetz protestieren, über das der Bundestag zeitgleich beraten und abstimmen wollte.
Gegner befürchten "Corona-Diktatur"
Die Gegner warfen der Regierungskoalition vor, Grundrechte zu beschneiden und eine "Corona-Diktatur" zu errichten. Um die Parlamentstätigkeit nicht zu beeinträchtigen, hatte das Bundesinnenministerium weiträumige Absperrungen um den Bundestag verfügt. Trotz der Bannmeile waren mehrere Tausend Menschen demonstrierend ins Regierungsviertel gezogen.
Allein vor dem Brandenburger Tor versammelten sich laut Polizei mehrere tausend Demonstranten. Zur Gesamtzahl der Protestteilnehmer wollte sich die Polizei zunächst nicht äußern. Beobachter sprachen zeitweise von 10.000 bis 14.000 Menschen.
Polizei will Demonstration auflösen
Weil die meisten die Abstandsregeln nicht einhielten und trotz mehrmaliger Aufforderung keine Mund-Nasen-Bedeckungen trugen, wollte die Polizei die Demonstration auflösen. Da die Anweisungen jedoch weitgehend ignoriert wurden, seien die Menschen mit "Wasserwerfern beregnet" worden, twitterte die Polizei. Es sei jedoch kein direkter Strahl eingesetzt worden, weil sich unter den Demonstranten auch Kinder befanden, sagte Polizeisprecher Thilo Cablitz im RBB.
Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen
Die Intention dieses Gesetzes wird in Paragraph 1 "Zweck des Gesetzes" umschrieben.
Absatz 1: Zweck des Gesetzes ist es, übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern.
Absatz 2: Die hierfür notwendige Mitwirkung und Zusammenarbeit von Behörden des Bundes, der Länder und der Kommunen, Ärzten, Tierärzten, Krankenhäusern, wissenschaftlichen Einrichtungen sowie sonstigen Beteiligten soll entsprechend dem jeweiligen Stand der medizinischen und epidemiologischen Wissenschaft und Technik gestaltet und unterstützt werden. Die Eigenverantwortung der Träger und Leiter von Gemeinschaftseinrichtungen, Lebensmittelbetrieben, Gesundheitseinrichtungen sowie des Einzelnen bei der Prävention übertragbarer Krankheiten soll verdeutlicht und gefördert werden.
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Beobachtern zufolge kamen am Brandenburger Tor die Wasserwerfer mehrfach zum Einsatz. Die Demonstranten versuchten sich mit Schirmen, Regenjacken und Parkas zu schützen. In Durchsagen der Polizei wurden die Demonstranten aufgefordert, Beamte nicht zu bedrängen und darauf hingewiesen, dass die Versammlung wegen Nichteinhaltens der Abstands- und Maskenregeln beendet sei. Dennoch verließen die Menschen den Platz nicht. Beobachter vor Ort sprachen von einer "extrem aggressiven Stimmung" unter den Versammlungsteilnehmern.
190 Festnahmen
Auf Twitter sprach die Polizei von rund 190 vorübergehenden Festnahmen bis Mittwochnachmittag. Zwei Personen seien direkt einem Richter vorgeführt worden. Einsatzkräfte seien mit Flaschen, Steinen, Böllern sowie Pfefferspray angegriffen worden. Neun Polizisten seien verletzt worden. Zudem warnte die Polizei vor gefälschten Tweets, die in verschiedenen sozialen Netzwerken kursieren würden. Unter anderem werde behauptet, es gebe einen Schießbefehl. Die Polizei war nach eigenen Angaben mit mehr als 2.000 Beamten im Einsatz, darunter Einsatzkräften aus anderen Bundesländern und der Bundespolizei.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hatte schon vorher mitgeteilt, sie rechne mit einem schwierigen Einsatz für die Beamten. Vergangene Demonstrationen auch in anderen Städten hätten gezeigt, wie schnell so etwas eskalieren und wie schnell die Polizei auch hilflos sein könne, sagte GdP-Sprecher Benjamin Jendro im RBB-Inforadio.
Verschwörungsideologen, Impfgegner und Rechtsextremisten
Kritiker der Corona-Maßnahmen und Leugner der Pandemie, darunter Verschwörungsideologen, Impfgegner und Rechtsextremisten, hatten seit Tagen bundesweit zu den Protesten vor dem Reichstagsgebäude mobilisiert. In den sozialen Netzwerken wurde zum "Tag X" aufgerufen und zur Blockade des Bundestages. Bei einer "Querdenker"-Demonstration Ende August hatten Hunderte Demonstranten eine Absperrung durchbrochen und waren bis zum Portal des Reichstags vorgedrungen.
Der AfD-Bundestagsabgeordnete Karsten Hilse geriet am Rande der Proteste nach eigenen Angaben mit der Polizei aneinander. Hilse sagte in einem Video, das von Mitgliedern seiner Fraktion verbreitet wurde, er sei von den Polizisten angesprochen worden, weil er ohne Maske unterwegs war. Er habe zwar ein ärztliches Attest bei sich getragen, das ihn von der Maskenpflicht entbinde. Die Polizei habe jedoch moniert, dass darin keine konkrete Krankheit aufgeführt sei. Als er dann ein Video habe machen wollen, sei es zu einer körperlichen Auseinandersetzung gekommen. Der 55-Jährige sagte, er finde es "absurd", wenn wegen einer Ordnungswidrigkeit so reagiert werde.
Die Berliner Polizei twitterte, ohne Nennung von Namen, Beamte hätten einen Mann angesprochen, der gegen die Maskenpflicht verstoßen habe. "Er zeigte sich unkooperativ, wies sich als MdB aus, soll anschließend seinen Begleiter zum Filmen aufgefordert & dann Widerstand geleistet haben." Der Vorsitzende der AfD-Fraktion, Alexander Gauland, solidarisierte sich mit Hilse. Der Pressestelle der Berliner Polizei lagen zu dem Vorfall zunächst keine Angaben vor.
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Der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Konstantin Kuhle, schrieb auf Twitter: "Die AfD hat Personen ins Reichstagsgebäude eingeschleust, die Abgeordnete bedrängen und ihnen die Handykamera ins Gesicht halten. Ich empfinde diese Versuche der Beeinflussung des Abstimmungsverhaltens als absolut unerhört. Das gehört unterbunden."
Am 29. August hatten am Rande einer großen Demonstration mit vielen Zehntausend Teilnehmern in Berlin mehrere hundert Menschen Absperrgitter vor dem Reichstagsgebäude überwunden. Sie liefen die Treppe hoch und bauten sich triumphierend vor einem Eingang auf. Die Bilder sorgten für Aufsehen und Empörung bei den meisten Parteien.
Dieser Artikel wurde ursprünglich am 18.11.2020 um 04:30 Uhr publiziert.