Freitag,
29.11.2019 - 08:00
2 min
Kolumne zum Advent
Die Vorweihnachtszeit ist für Christen eine Zeit frohen Erwartens. Eigentlich – wären da nicht die unerfüllbaren Erwartungen.
Mir ist neulich etwas Seltsames passiert. Als ich gerade dabei war, ein Restaurant zu verlassen, sprach mich eine Frau an. In ihrer Stimme lag tiefe Abneigung, während sie zu mir sagte: „Sie können noch so viel über mich reden, ich gehe niemals nach Wittlich!“ Das war offenkundig eine Verwechslung. Denn weder kannte ich die Dame noch verfüge ich über die Macht, irgendwen in die Eifel zu verbannen. Doch bis ich antworten konnte, hatte die Frau schon auf dem Absatz kehrtgemacht. Ich aber fühlte mich schlecht, obwohl ich ja gar nicht die Person bin, für die sie mich hielt. Unser Selbstbewusstsein speist sich ja stets auch aus dem Verhalten der Mitmenschen. Keinem ist egal, was andere über ihn denken. Besonders schwierig wird es im Advent, eigentlich für alle Christen eine Zeit frohen Erwartens. Tatsächlich sind oft unerfüllbare Erwartungen das wenig christliche Danaergeschenk zu Weihnachten. Wir erwarten selbstlose Eltern und dankbare Kinder, in höherem Alter gerne andersherum. Zeit und Geld gelten als Währung der Zuneigung. Dass Geben, und manchmal auch nur So-Sein-Lassen, seliger ist als Nehmen, gerät aus dem Blick. Und so bleiben sich Verwandte unter dem Christbaum verstörend fremd. Ehe Sie also im Advent dem Kaufrausch verfallen und viel zu viele Verabredungen für die Feiertage treffen, halten Sie einfach mal inne und schauen, was Ihnen an Weihnachten wirklich wichtig ist. Denn nur, wenn Sie das spüren, werden Sie ein offenes Herz für andere haben. Ich hoffe sehr, dass es jemanden gibt, der zu einer mir unbekannten Frau sagt: „Egal ob du nach Wittlich gehst oder nicht, wir kriegen das hin!”