Neue Schilder warnen in Worms vor Badeunfälle im Rhein
Der niedrige Wasserpegel des Rheins lässt im Sommer oft die Angst vor Badeunfällen schwinden. Am Wormser Rheinufer soll nun an elf Stellen zusätzlich gewarnt werden.
WORMS. Lässig lässt er sich auf dem Rücken treiben, das Gesicht in die Sonne gereckt, die Zehen schauen aus dem Wasser. An der Sandbank im Wäldchen ist an Tag eins nach der Hitzewelle und kurz vor Beginn der Sommerferien weniger los als erwartet. Ein paar Hundehalter lassen am Donnerstagnachmittag ihre Vierbeiner in der Brandung spielen. Eine Gruppe Jugendlicher sitzt unter dem einzigen Baum, der in der Nachmittagssonne Schatten spendet. Im Rhein badet nur der ältere Herr. Ein paar Minuten lang treibt er im kühlen Nass, dann dreht er sich auf den Bauch, lässt den Kopf unter Wasser hängen. Ein Notfall? Nein, Entwarnung! Nach ein paar Sekunden richtet er sich auf – und steht plötzlich nur noch bis zu den Oberschenkeln im Wasser.
20 bis 30 Zentimeter bis zum Monatsende möglich
Per Definition ist das, was Spaziergänger aktuell sehen, wenn sie am Fluss unterwegs sind, mittleres Niedrigwasser. Bei 64 Zentimetern lag der Pegel Worms um 8 Uhr am Donnerstagmorgen, achteinhalb Stunden später, um 16.30 Uhr, sind es laut Hochwassermeldedienst fünf Zentimeter mehr. Bis zum Monatsende könnten es Prognosen zufolge nur noch 20 bis 30 Zentimeter sein. Nicht der gefürchtete Nullpegel, aber so früh war der Wasserstand selbst im Rekordjahr 2018 nicht so gering.
Die Wahrscheinlichkeit, dass der Pegel weiter sinkt, sei im Sommer groß, erzählt Joachim Knapp vom Landesamt für Umwelt in Mainz. Allerdings sei der Rhein auch ein unbeständiges System, die Wasserstände abhängig von vielen unterschiedlichen Faktoren. Die fünf Zentimeter, die der Fluss am Donnerstag zwischen Vor- und Nachmittag gewonnen hat – sie sind die Folge von heftigen Gewittern am Vorabend. Die müssen dabei noch nicht einmal in und um die Nibelungenstadt fallen. Wenn es im Elsass oder im Schwarzwald schüttet, kann das am Pegel Worms für Entspannung sorgen.
Aufklärungskampagnen scheinen zu wirken
Beim Gedanken an Niedrigwasser fühlt sich Janina Pfeiffelmann, die Vorsitzende der Wormser DLRG-Ortsgruppe, in den Sommer 2018 zurückversetzt. „Ich erinnere mich da an die beiden Mädchen, die ertrunken sind“, sagt sie. Bislang sei das Jahr glücklicherweise aber erstaunlich ruhig verlaufen. Der Unfall mit dem Jetski-Fahrer bei Rheindürkheim sei letztlich nicht einmal als Bade-, sondern als Verkehrsunfall gewertet worden. „Auch im Bezirk und beim Landesverband habe ich vernommen, dass es eher ruhig war“, erzählt sie. Woran das liegen könnte? „Es scheint, als würden unsere Aufklärungskampagnen langsam wirken.“
Auch der Spaziergang an der Sandbank lässt das vermuten. Ein paar Meter neben dem Rheinschwimmer sitzt am Donnerstag eine junge Frau mit einer Freundin und deren kleinem Bruder am Wasser. „Ich komme öfter her“, erzählt sie. „So ruhig wie heute ist es selten. Normalerweise gehen hier viele Leute ins Wasser, grillen, haben ihre Hunde dabei.“ Ob sie selbst baden gehen? „Nein, die Strömung ist ja da, das sollte man nicht tun, es sei denn, man ist ein wirklich guter Schwimmer.“ Für den Bruder heißt es also: Die Grenze sind die großen Kiesel direkt am Ufer.
Auch in Rheindürkheim, dort waren 2018 die beiden Mädchen verunglückt, ist es am Nachmittag ruhig. Im Wasser badet nur eine Schwanenfamilie, Lutz Amgarten hat seine beiden Kinder am Wasser lieber an der Hand. Auch für sie ist an den Steinen im Uferbereich Schluss. „Theoretisch könnte man bestimmt ein wenig ins Wasser, aber die Strömung ist ja da“, sagt der Herrnsheimer.
Janina Pfeiffelmann hofft, dass es so weitergeht, dass die Menschen am Rhein vernünftig bleiben. Trotz Niedrigwasser sei absolute Vorsicht geboten. Am besten wäre es, den Rhein komplett zu meiden: „Dadurch, dass der Pegel so niedrig ist, ist man schon deutlich näher an der Schifffahrtsstraße als in den Jahren zuvor, sobald die Füße nass werden – und damit auch näher an der gefährlichen Strömung“, sagt Pfeiffelmann.
Warnungen in acht Sprachen
Dafür, dass es auch wirklich alle verstehen, könnten auch bald neue Warnhinweise sorgen: Gemeinsam mit dem Ordnungsamt habe man in den vergangenen Monaten intensiv an einer neuen Beschilderung gearbeitet. Bei einem Vor-Ort-Termin wurden elf Standorte – auch an den Schleichwegen – ausgemacht. Die Schilder selbst seien mit Piktogramm versehen und warnen in acht Sprachen vor den Gefahren des Rheins. Sie müssen noch in den Druck, sollen aber schon bald so nah am Wasser stehen, dass man förmlich dagegen rennt, wenn man zum Rhein läuft.
Neben dem Niedrigwasser und der Angst vor Badeunfällen sorgt aktuell noch eine weitere Begebenheit für Anspannung: Das Ministerium für Klimaschutz hat am Donnerstag eine Mitteilung herausgegeben, in der die erste Warnstufe wegen hoher Wassertemperaturen verkündet wird.
Die Marke von 25 Grad im Tagesmittel hat der Rhein überschritten, dafür hat die Hitzewelle gesorgt. Schlecht für ansässige Unternehmen, die nun von der SGD Süd angeschrieben und aufgefordert werden, Vorsorgemaßnahmen zu treffen, die Gewässertemperatur vor und nach der Einleitung von Kühlwasser zu messen und zu prüfen, ob innerhalb des Betriebes andere Kühlmöglichkeiten genutzt werden können. Die zweite von vier Stufen werde bei 27 Grad erreicht, Stufe drei bei 28 Grad. 2018 war das zuletzt der Fall. Ob es dazu in diesem Jahr kommt – und ob der Rhein bei Worms den Nullpegel erreicht: Der Sommer wird es zeigen.
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