Offene Ateliers – Brigitte Kümmell zeigt ihre Werke in Worms
Von Ulrike Schäfer
Brigitte Kümmell (rechts) gibt Einblick in ihre Kunst. Foto: photoagenten/Alessandro Balzarin
( Foto: photoagenten/Alessandro Balzarin)
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WORMS - Die fünf neuesten Arbeiten Brigitte Kümmells sind so aufgehängt, dass man sie sofort sieht, wenn man das Atelier betritt. Quadratisches Format. Untergrund: Holz, nur einmal Aluminium. Bildinhalt: abstrakt. Kein Thema, keine Botschaft: Sie hat aus dem Bauch heraus gemalt, viel dabei dem Zufall überlassen. „Und doch muss das Ergebnis natürlich stimmen“, erläutert sie. „Manches gelingt auch nicht.“
Am „Tag der offenen Ateliers“, am ersten Wochenende, an dem auch Gloria Mai, Christine Hach und Ulla Göklü teilgenommen haben, konnten die Besucher vor den Bildern stehen und ihre Eindrücke formulieren. Ins Auge springt ein lebendiges, kraftvolles Rot, das sich über einem ruhigen Meer zu entladen scheint. Daneben ein Bild in kräftigen Blau- und Grüntönen. Ein bisschen erinnert es an einen undurchdringlichen, aber freundlich-schützenden Wald. Brigitte Kümmell lacht, als sie die Interpretationen hört. Erst recht beim nächsten Bild. Da sieht eine der Betrachterinnen einen weißen Kinderwagen mit Rädern, eine andere fühlt sich eher an einen wolligen Kokon erinnert.
An all das habe sie nicht gedacht, verrät Brigitte Kümmell. Ihr Lieblingsbild unter den Fünfen geht übrigens auf eine reizvolle Stuckarbeit von Antoni Gaudí zurück, Motiv einer Postkarte, die eine Freundin ihr geschickt hat. Die eleganten Linien bilden so etwas wie den Grundton einer Neuschöpfung, den die Künstlerin um weitere Aspekte bereichert hat.
NOCHMALS OFFEN
In Gimbsheim zeigt am 23. und 24. September Christine Hach in der Holunderstraße 7 Grafik, Plastik und Objekte. In Worms präsentieren am 24. September Ulla Göklü, Mähgasse 4, Malerei, Grafik, Plastik und Objekte sowie Brigitte Kümmell, Renzstraße 7 bis 9, im Haus des Kunstvereins, Malerei und Grafik.
Ausbildung als Bühnenbildnerin gemacht
Diese Bilder seien ihr erster Versuch mit Ölfarben, erzählt Kümmell. „Die sind einfach leuchtender als Acryl“, findet sie. Aber sie hat sich nicht darauf beschränkt, sondern die Materialien gemischt, die Oberfläche mit Sprühlack bearbeitet, feine Linien mit Pastellkreide gezogen und auf jedem Bild quasi leitmotivisch kleine Kreise eingefügt. Der Kreis, ein Element der Ruhe, der Vollkommenheit, wirkt hier wie eine Lupe, die auf Dahinterliegendes verweist. Doch das ist Fantasie, wie alles andere auch.
Seit sechs Jahren hat Brigitte Kümmell, die viele Jahre lang Kunstunterricht am Gauß-Gymnasium gegeben hat, das Atelier über dem Kunstverein in der Renzstraße mit Blick in den Hof. Auf ihrem Arbeitsplatz, einem großen Tisch, liegen und stehen Farbtuben, Kreiden, Bleistifte, Pinsel, Schaber, Scheren und weiteres Material griffbereit. Die Künstlerin ist eine Sammlerin, kleine Figürchen, Ausschnitte aus Illustrierten und Heften, Fotografien und vieles mehr hat sie in ihrem Fundus, lässt sich davon anregen oder komponiert daraus die skurrilen, fantasievollen Geschichten in ihren Lichtkästen, die sie am Tag der offenen Ateliers eigens für ihre Besucher beleuchtet.
Diese kleinen Meisterwerke verraten, dass Brigitte Kümmell zunächst eine Ausbildung als Bühnenbildnerin gemacht hat, ehe sie in Stuttgart Kunst studierte. So hängt an der Wand auch noch das winzige Modell einer geschnitzten Gerichtstribüne. „Dieses Modell haben wir in Köln für ein Stück über Jeanne d‘Arc mit Hannelore Hoger gebaut“, erzählt Kümmell. „Noch heute sehe ich sie auf der Bühne stehen. Sie dürfte damals 20 Jahre alt gewesen sein, etwa so alt wie ich.“ Am Fenster erinnert eine wunderschöne Glasarbeit an eine andere, sehr produktive Phase ihres Schaffens. Es gab mal eine Ausstellung von Glasbildern im Kreuzgang des Paulusklosters zu sehen; heute noch zu bewundern ist das hohe Fenster im Aufenthaltsraum des Sophienstifts. Mit Glas hat die Künstlerin schon lange nicht mehr gearbeitet, aber, verrät sie, es könnte demnächst wieder ein Thema sein.