Der Brückengau an der Salzbachtalbrücke: Fataler Fehler beim...
Wie konnte es zum Brückengau an der Salzbachtalbrücke bei Wiesbaden kommen? Einer Baufirma unterlief ein heftiger Fehler. Deshalb stehen die Autos nun im Stau auf der A66. Bis...
WIESBADEN. Eine Stauquelle erster Güteklasse war die Salzbachtalbrücke auch vorher schon. Jetzt verschärft sich die Verkehrssituation rund um den maroden A66-Bau noch einmal erheblich – und zwar mit ungewissem Ausgang. Weil es Bedenken bezüglich der Tragfähigkeit gibt, hat Hessen Mobil eine der ohnehin nur drei Fahrspuren gesperrt (wir berichteten).
Der Grund liegt ausgerechnet in einem Stützkorsett, das der Nordbrücke für ihre letzten Jahre eigentlich mehr Stabilität verleihen und den Abriss der Südbrücke ermöglichen sollte. Der zuständigen Baufirma unterliefen bei der Installation der Stahlkonstruktion aber offenbar gravierende Fehler, deren Ausmaß nun ermittelt werden muss. Klar ist schon jetzt: Leiden muss unter dem Malheur die ganze Region. Und das auf Dauer: Denn bis überhaupt klar ist, ob der Schaden repariert werden kann, dürften Monate vergehen.
Der konkrete Schaden betrifft sogenannte Spannglieder – im Inneren der Brückenauflieger einbetonierte Stahlseile, die die Bauteile unter Spannung halten und so stabilisieren. Auf jeder Seite der Nordbrücke verlaufen je 25 der armdicken Spannglieder. Als im Spätsommer und Herbst vergangenen Jahres die Stützkonstruktion angebracht wurde, musste durch die Brückenunterseite gebohrt werden – genau an den Betonelementen, durch die die Spannglieder verlaufen. Hierbei unterlief den Auftragsnehmern von Hessen Mobil offenbar der fatale Fehler und die Stahlseile wurden angebohrt. Warum das geschah, ist momentan noch ebenso fraglich wie die Zahl der betroffenen Spannglieder. Im schlimmsten Fall könnte es bis zu acht der 25 Seile erwischt haben, heißt es von Hessen Mobil.
Dokumentation vorenthalten?
Fest steht dagegen offenbar schon, dass die Verursacher über längere Zeit Hessen Mobil die Dokumentation über die Arbeiten vorenthielten. Als die Firma nach mehrfachen Aufforderungen immer noch keine Nachweise geliefert hatte, schaute Hessen Mobil genauer hin und leitete Prüfbohrungen in die Wege. Schon bei der ersten, am Freitag durchgeführten, wurden die Schäden offenkundig. „Das sind Basisanforderungen, die man im Baubereich einfach erfüllen muss“, wollte Heiko Durth, Leiter der Abteilung Bau bei Hessen Mobil, seinen Ärger über das Verhalten der verantwortlichen Firma nicht verhehlen. Rechtliche Schritte gegen die Verursacher werden derzeit geprüft, lässt Hessen Mobil wissen.
Um die Brücke zu entlasten, wurde eine der drei Spuren, die rechte in Richtung Rheingau, in der Nacht zum Dienstag außer Betrieb genommen. Sie liegt am nächsten an dem Bereich, der von den Bohrungen betroffen sein könnte. Eine Vorsichtsmaßnahme, betonen die Brückenexperten und berichten von wöchentlichen Messungen zur Statik der Brücke und zusätzlichen, intensiven Bauwerksprüfungen alle zwei Wochen. Diese hätten bislang keine Anzeichen von akuten Ermüdungserscheinungen der Brücke geliefert. Angesichts von bis zu 80.000 Fahrzeugüberfahrten pro Tag nehme man die massive Verkehrsbeeinträchtigung aber in Kauf, um auf der sicheren Seite zu sein.
Auf der sicheren Seite der Nordbrücke führen deshalb nur noch zwei Spuren über das Salzbachtal. Die Wechselverkehrsführung, die bisher zum besseren Fluss des Pendlerverkehrs genutzt wurde, entfällt. Ob diese Regelung überhaupt noch einmal eingeführt werden kann, wird sich erst zeigen, wenn die komplette Schadenserhebung abgeschlossen ist. So lange ruhen voraussichtlich auch die Arbeiten am eigentlichen Brückenprojekt, dem Abriss und Neubau der Süd-, später auch der Nordbrücke. „Der externe Gutachter und Hessen Mobil werden nach Möglichkeiten suchen, die Tragfähigkeit des Bauwerks soweit zu erhöhen, dass bestenfalls wieder drei Fahrstreifen über die Brücke gehen. Wir rechnen mit dem Konzept und der Umsetzung in einigen Monaten“, heißt es in einer Pressemitteilung der Behörde. Sollte der Schaden nicht reparabel sein, bleibt die zweispurige Verkehrsführung bis zur Fertigstellung der neuen Südbrücke erhalten: Als Termin war bislang 2021 anvisiert. Das war allerdings vor dem Schaden.
Von André Domes