Giftanschlag an TU Darmstadt: Ermittlungen abgeschlossen

Sieben Menschen wurden bei dem Verbrechen vor einem Jahr verletzt, einer schwebte zeitweise in Lebensgefahr. Jetzt sind die Ermittlungen gegen eine 32-Jährige aus Mainz beendet.

Anzeige

DARMSTADT / MAINZ. Fast genau ein Jahr nach dem Giftanschlag an der TU Darmstadt ist das Ermittlungsverfahren gegen eine 32-Jährige aus Mainz abgeschlossen. „Die Mordkommission hat ihre Arbeit beendet“, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Darmstadt, Robert Hartmann, gegenüber der dpa. Die Mainzerin hatte sich in der Nacht zum 23. August Zugang zu dem Gebäude L2/01 auf dem TU-Gelände an der Lichtwiese verschafft und mehrere Lebensmittel in den dortigen Teeküchen mit einer giftigen Substanz versehen.

Giftanschlag an TU: Tatverdächtige führte eine „Opfer-Liste“

Die Mordkommission „Licht“, der zeitweise bis zu 50 Beamte angehörten, befragte Hartmann zufolge Zeugen im dreistelligen Bereich Im März gelang den Fahndern der Durchbruch. Die 32-jährige Studentin wurde unter dem Verdacht des versuchten Mordes festgenommen und in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Sie Spezialisten entdeckten in den Räumlichkeiten des Fachbereichs Materialwissenschaften in Milchtüten und Wasserbehältern eine toxische Substanz, welche die Staatsanwaltschaft gegenüber dieser Zeitung bislang nicht nennen wollte.

Anzeige

Den Ermittlern war die Frau schon früh verdächtig erschienen. Durch die Zeugenaussagen soll sich dieser Verdacht erhärtet haben. Die Mordkommission stellte schließlich Spuren sicher, die belegen sollen, dass sich die Frau in der Nacht vor der Tat in dem Gebäude L2/01 aufhielt. Dabei fanden die Ermittler auch fragmentarische Abhandlungen auf dem Laptop der 32-Jährigen.

Die Dokumente sollen unter anderem Gewaltfantasien zum Inhalt gehabt haben. Auch wurde bekannt, dass die Beschuldigte eine Art „Opferliste“ mit Namen geführt haben soll, die mit der TU Darmstadt in Verbindung stehen beziehungsweise standen, da sie selbst an der Einrichtung gar nicht mehr tätig sind. Zudem soll die Mainzerin auch Bildaufnahmen mit Namensschildern, die auf den Fluren von TU-Räumlichkeiten angebracht waren, angefertigt haben.

Als wahrscheinlich gilt, dass die Studentin, die seit 2017 im Fachbereich Materialwissenschaften immatrikuliert war, die Mittel für ihren Giftcocktail aus dem benachbarten Fachbereich Chemie hatte. Dort war nach Angaben der Staatsanwaltschaft eine Verschlussvorrichtung temporär nicht funktionstüchtig. Hinweise auf mögliche Mittäter gebe es laut Oberstaatsanwalt Hartmann nicht.

Wie es nun weitergeht, wollte die Staatsanwaltschaft noch nicht sagen. „Wir haben eine abschließende Entscheidung getroffen“, sagte Hartmann. Deren Inhalt wolle man aktuell aber noch nicht mitteilen, da vor einer Veröffentlichung zunächst die Beschuldigte davon in Kenntnis gesetzt werden müsse. Bekannt ist, dass ein psychiatrisches Gutachten bei der 32-Jährigen eine paranoide Schizophrenie feststellte.

Anzeige

Durch den Abschluss der Ermittlungen kann nun ein Sicherungsverfahren beim Landgericht Darmstadt eingereicht werden. Sofern das Landgericht den Einschätzungen des Gutachtens folgt, ist eine unbefristete psychiatrische Unterbringung möglich. Wie ECHO-Recherchen Ende Mai ergaben, soll die 32-Jährige bereits bei einem früheren Arbeitgeber aus dem Raum Darmstadt auffällig gewesen und gegenüber einer Polizeistreife einen „psychotischen Eindruck“ hinterlassen haben.

Bei den Vergiftungen im August 2021 wurden sieben Personen verletzt, ein 30 Jahre alter Mann schwebte vorübergehend in Lebensgefahr.

Von André Heuwinkel und dpa