FDP schließt Lerch aus – bleibt sie trotzdem in der Fraktion?

Helga Lerch (FDP). Archivfoto: Sascha Kopp
© Archivfoto: Sascha Kopp

Die FDP-Fraktion im Landtag hat ihrer bildungspolitischen Sprecherin den Laufpass gegeben. Doch die könnte bis auf Weiteres an Bord bleiben – durch einen juristischen Schachzug.

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MAINZ. Wie nicht anders zu erwarten hat die FDP-Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag Helga Lerch ausgeschlossen. Der Ausschluss erfolgte bis auf das Votum von Lerch selbst einstimmig. Anlass für den Schritt waren umstrittene Äußerungen der früheren Schulleiterin aus Ingelheim über sexuellen Missbrauch an Schulen und den möglicherweise zu nachlässigen Umgang damit durch die Ministerialbürokratie.

Das Verfahren war am 3. Februar eingeleitet worden, dürfte mit dem Beschluss vom Donnerstag allerdings noch lange nicht zu Ende sein. Der Rechtsanwalt von Lerch (64) will nun eine Organklage beim rheinland-pfälzischen Verfassungsgerichtshof in Koblenz einreichen. Zudem wird er einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stellen. Das würde im Erfolgsfall bedeuten: Bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache bliebe Lerch vorläufig Mitglied der Fraktion. Allerdings könnte ihr die Fraktion jederzeit ihre Sitze mit Stimm- und Rederecht in den Ausschüssen für Bildung, Wissenschaft und Gleichstellung wegnehmen.

„Ich bin gespannt und neugierig, wie das Gericht das bewertet“, sagte Lerch dieser Zeitung. „Die Frage ist: Was darf der Abgeordnete? Wie schwer wiegt der Fraktionszwang. Das Urteil hat Signalwirkung und wird eine Richtschnur für weitere Fälle werden.“

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Ahnenmüller ist bisher der einzige Präzedenzfall

Bis es in Koblenz zu einem Urteil in der Hauptsache kommt, könnten mehrere Monate ins Land gehen. So war es auch im Fall von Jens Ahnenmüller, den die AfD-Fraktion im Herbst 2018 rauswarf. Der Beschluss hatte auch vor dem Verfassungsgerichtshof Bestand. Es war der bisher einzige Ausschluss aus einer Fraktion in der Geschichte des rheinland-pfälzischen Landtages.

Inhaltlich ist das Tischtuch zwischen der stellvertretender Fraktionsvorsitzenden Lerch und dem Rest ihrer Gruppierung, insbesondere Willis-Senzer, schon lange zerschnitten. Im Herbst hatte sich Lerch mit einem Redebeitrag im Landtag zur Unterrichtsversorgung den Unmut der gesamten Ampelkoalition zugezogen. Im Januar folgten dann ihre Ausführungen im Gleichstellungsausschuss zur Missbrauchs-Problematik, die anschließend Kreise zogen und schließlich im Ausschlussantrag gipfelten. In diesem Zusammenhang hatte sich Lerch zudem einen – letztlich erfolglosen – Rechtsstreit mit dem Parlamentarischen Geschäftsführer der FDP, Marco Weber, geliefert.

Von Ulrich Gerecke