Ein Jahr Ukraine-Hilfe: Sven Hieronymus blickt zurück

Das Team von „Nicht reden. Machen!“ hat mittlerweile über 1000 Paletten in die Ukraine geschickt.
© Archivfoto: hbz/Jörg Henkel

Direkt zu Beginn des Krieges macht sich der Bodenheimer Comedian auf den Weg ins Grenzgebiet. Was sich seitdem verändert hat und wie aus seinem Engagement ein Verein entstand.

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Bodenheim. Was aus den drei Geflüchteten aus der Ukraine, die Sven Hieronymus vor knapp einem Jahr aus dem polnisch-ukrainischen Grenzgebiet mit nach Mainz gebracht hat, geworden ist, weiß er leider nicht. „Ich habe nur gehört, dass sie umgezogen und mittlerweile nicht mehr in Mainz sind”, sagt Hieronymus. Angesichts der extremen Umstände, unter denen die beiden Frauen und das damals dreijährige Kind ihre Heimat verlassen mussten, findet er das aber auch nicht schlimm. „Ich hoffe, dass es ihnen gut geht, habe aber nie erwartet, dass wir da noch Kontakt halten, das war ja alles eine Nacht-und-Nebel-Aktion.”

Damals, am 26. Februar 2022, fährt Hieronymus spontan mit einem Freund Richtung Polen, das Auto randvoll mit Hilfsgütern. Nach einem kurzen Zwischenstopp in Breslau mit wenig Schlaf geht es weiter an die Grenze zur Ukraine. Dort übergeben die beiden die Hilfsgüter und sammeln anschließend die drei Ukrainer ein, der Kontakt kam über deren Verwandte in Mainz zustande. „Das ging alles so schnell und das war natürlich auch total überemotionalisiert”, sagt Hieronymus rückblickend.

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Das ging alles so schnell und das war natürlich auch total überemotionalisiert.

Sven Hieronymus über die Hilfsaktion Bodenheimer Comedian und Erster Vorsitzender des Vereins „Nicht reden. Machen!”

Er selbst war seitdem nicht mehr persönlich vor Ort, kümmert sich stattdessen hier um das Sammeln und Verpacken von Spenden. Was noch klein anfing, wurde in kurzer Zeit zu einem großen Projekt. „Als ich zurückkam, hatte ich das Bedürfnis, weiter zu helfen”, erzählt der Bodenheimer Comedian.

„Menschen haben mir hohe Geldbeträge in die Hand gedrückt”

Dann ging alles rasend schnell: Die Spendenbereitschaft sei überwältigend gewesen, teilweise hätten ihm Menschen hohe Geldbeträge in die Hand gedrückt, erzählt Hieronymus. „Dieses Vertrauen ehrt mich natürlich, aber damit geht eben auch eine gewisse Verantwortung einher”, sagt der 55-Jährige. Um den Anforderungen gerecht zu werden, gründet Hieronymus kurze Zeit später mit weiteren ehrenamtlichen Mitglieder den Verein „Nicht reden. Machen!”. Das sei für jeden etwas Neues und Besonderes gewesen, gemeinsam haben alle viel gelernt, erinnert sich Hieronymus, der sich über die gut funktionierende Zusammenarbeit freut.

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Kaum war die Pandemie vorüber, kam der Krieg, jetzt das Erdbeben. Ich glaube, die Menschen sind auch einfach müde.

SH
Sven Hieronymus Bodenheimer Comedian und Erster Vorsitzender des Vereins „Nicht reden. Machen!”

Was ihn und sein Team besonders motiviert, ist die Tatsache, dass sie bei allen Spendentransporten eine Rückmeldung bekommen, dass die Spenden angekommen sind. „Wir kriegen von jeder Verteilstation Dankesvideos oder Dankesfotos, also es kommt wirklich auch alles wie besprochen an den entsprechenden Stellen an”, erzählt Hieronymus. Dankesurkunden aus mehreren ukrainischen Städten und sogar eine Ehrenmedaille der ukrainischen Armee bestärken die Mitglieder des Vereins in ihrer Arbeit.

Aber – das ist mittlerweile spürbar – die Spendenbereitschaft lässt nach. Die Menge an Spenden, die der Verein erhalte, habe im Vergleich zu Kriegsbeginn deutlich abgenommen. Das findet Hieronymus zwar „schade”, aber er könne die Menschen verstehen. Schließlich sei der erste Schock des Krieges vorbei und „kaum war die Pandemie vorüber, kam der Krieg, jetzt das Erdbeben. Ich glaube, die Menschen sind auch einfach müde”, sagt er.

Spenden gehen auch an Erdbeben-Opfer

Nach etwa einem Jahr hat der Verein über 1000 Paletten ins Kriegsgebiet geschickt, erst vor wenigen Wochen war Ministerpräsidentin Malu Dreyer anlässlich der 1000. Palette zu Gast in Bodenheim. Der größte Teil gehe nach wie vor in die Ukraine, aber seit dem verheerenden Erdbeben in der Türkei und in Syrien sammelt der Verein auch hier Spenden für die Opfer. „Wir sind nicht nur auf die Hilfe für die Ukrainer beschränkt, auch wenn das natürlich zurzeit absolut Priorität hat. Wir haben uns da im letzten Jahr ein großes Netzwerk aus Helfern aufgebaut”, erzählt der Bodenheimer.

Hieronymus blickt auf „ein Jahr voller Emotionen, positiv wie negativ” zurück, das für ihn oft schwierig und anstrengend gewesen sei, gerade was die Gründung und Führung des Vereins angeht. Klar ist für ihn aber dennoch, dass die Hilfe weiterhin dringend benötigt wird – sowohl in der Ukraine als auch in der Türkei und Syrien. Bei der aktuellen Zahl von 1010 verschickten Paletten soll es deshalb auch nicht lange bleiben.