Denis Wittberg und seine Schellack-Solisten haben alles im Repertoire, was sich Fans des Swings wünschen. Wie das klingt, zeigten sie beim Auftakt für das Kultur-Festival...
GROSS-GERAU. Ob langsamer oder orientalischer Foxtrott, Rumba oder ein Tango, der eigentlich gar keiner werden sollte – Denis Wittberg und seine Schellack-Solisten haben alles im Repertoire, was sich Fans des Swings der 1920er und 1930er Jahre wünschen – und noch einiges mehr. Wie das klingt, zeigten sie jetzt beim Auftakt für das Kultur-Festival „Volk im Schloss“.
Wenn Udo Jürgens und Heintje auf der Setlist einer Band stehen, dann ist klar, was einen erwartet: ein bunter Abend mit deutschen Schlagern. Wenn sich aber Falco, Nena und Hubert K. dazu gesellen und die Protagonisten auf der Bühne weder Schlaghosen noch Neon-Leggings tragen, sondern feinen Zwirn mit Schlips beziehungsweise Fliege und Kragen, dann könnte der Abend noch bunter werden.
Vertraute Melodien, die doch anders klingen
Die zehnköpfige Truppe präsentierte den Besuchern vertraute Melodien, die doch anders klangen: Sie waren neu arrangiert und dabei auf alt getrimmt. Mit seinen Markenzeichen – dem rollenden „R“, seinem pointierten Gesang und spitzzüngigen Anmoderationen – sorgte Wittberg für beste Laune im ausverkauften Zelt und einen gelungenen Auftakt für das Festival. Dieser war zugleich eine Premiere, nämlich das erste Sommerabend-Konzert der Sparkassen-Stiftung Groß-Gerau. Es gehe um die Liebe, sagte Wittberg zu Beginn des Konzerts, und er und seine Musiker hielten, was versprochen wurde. Wittberg besang die Liebe – und stellte sich die Frage, wie man die ehemalige Liebe wieder los wird. Zwei Stunden lang stellte er mit seinem Ensemble unter Beweis, was Liebe zur Musik bedeutet. Und das war so komisch, manchmal schräg, aber immer vereinnahmend, dass man sich dem Treiben auf der Bühne schwer entziehen konnte, auch ohne eingefleischter Kenner des Musikstils zu sein. Denis Wittberg und seinen Schellack-Solisten machten es dem Publikum leicht, den Zugang zu fast 100 Jahre alter Musik zu finden. Natürlich durften Klassiker wie „Mein kleiner grüner Kaktus“ nicht fehlen. Neben den bekannten Hits spielten Denis Wittberg und seine Band auch Eigenkompositionen wie „Wär’ ich doch an Weihnachten auf Kuba“, eine Weihnachtsrumba im Sommer – mit Blick auf die Tonträger-Verkäufe im Winter. Für die seit 15 Jahren agierende Gruppe steht als Nächstes eine USA-Tour an.
Lehrreich war der Besuch bei Denis Wittberg und seinen Schellack-Solisten obendrein: Das Publikum setzte sich mit deutscher Sprache auseinander, lernte ein wenig Sächsisch und erfuhr, dass ein Revolver eigentlich ein Blechblasinstrument ist. Jugendfrei war das Spektakel auch: Denn bei „Skandal im Sperrbezirk“ standen sich die „Damen“ die Füße platt. Da zeigte Wittberg, dass er eben ein echter Gentleman ist, der sich mit seinen Gästen bei „Volk im Schloss“ auf einen Ausflug in die Vergangenheit begibt – ganz ohne Skandal.
Von Mirko Stephan