Bewährungsstrafe für Jugendfreund von Franco A.

Ein 27-Jähriger hat vor dem Landgericht Gießen zugegeben, für den unter Terrorverdacht stehenden Soldaten Franco A. Munition verwahrt zu haben. Er ist am Montag zur Bewährung verurteilt worden. Foto: Mosel

Ein Jugendfreund des terrorverdächtigen Bundeswehrsoldaten Franco A. ist zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt worden, weil er für ihn Munition verwahrt hat. Das...

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GIESSEN. Die auffällige, hellblaue Handgranate liegt auf dem untersten Regalbrett im Eingangsbereich der Studentenbude, zwischen Staubsauger, Fußball und Übergangsjacke. Militärisch beschriftete Holz- und Metallkisten stapeln sich daneben. Signalpatronen und Anzündschnur, gelagert in einem alten Farbeimer, fallen dem Ermittler des Bundeskriminalamtes (BKA) schon von der Tür aus auf. Die Durchsuchung in Raum 101 eines Friedberger Studentenwohnheims muss am 26. April 2017 zunächst abgebrochen werden. Zwei Entschärfer werden angefordert. Wenig später gibt der Bewohner des Zimmers zu, die mehr als 1000 Patronen aus dem Bestand der Bundeswehr von seinem Jugendfreund Franco A. übernommen zu haben. Weil er Gegenstände, die als Kriegswaffen gelten, vorsätzlich besessen und befördert hat, ist der 27-jährige Ingenieur am Montag zu einer einjährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Er muss außerdem 2500 Euro an die Flüchtlingshilfe zahlen. Richter Heiko Söhnel, Vorsitzender der 7. Großen Strafkammer am Gießener Landgericht, machte in der Urteilsbegründung deutlich, dass "Fragezeichen bleiben" - insbesondere hinsichtlich der Gesinnung des Angeklagten. Der hatte sich in etlichen Chats rechtsextrem und antisemitisch geäußert. "Das entstandene Bild gerade zu rücken, ist Ihnen nicht gelungen", folgerte Söhnel, der dem Antrag der Staatsanwaltschaft folgte. Der 27-Jährige hatte die Vorwürfe zum Prozessauftakt eingeräumt. Die Tragweite will ihm nicht bewusst gewesen sein.

Der frühere THM-Student mit den stechend blauen Augen, der am ersten Verhandlungstag eloquent, aber mit rotem Kopf, die Fragen des Vorsitzenden beantwortet hatte, tippelt nervös mit dem Fuß, als der BKA-Beamte im Zeugenstand erklärt, wie er überhaupt ins Visier der Ermittler geraten war. Ende Januar 2017 hatte eine Reinigungskraft in einer Toilettenkabine am Wiener Flughafen eine in Papiertaschentücher eingewickelte, geladene Waffe entdeckt. Das Versteck wurde alarmgesichert. Gut eine Woche später versuchte Oberleutnant Franco A., die Pistole wieder an sich zu nehmen. Ein Abgleich seiner Fingerabdrücke förderte Unglaubliches zutage: Sie waren identisch mit denen des Syrers David Benjamin. Der Soldat hatte sich - angeblich als eine Art investigative Recherche - unter dieser Identität erfolgreich beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) registriert. Bei der Auswertung seines Mobiltelefons wurden insgesamt 640 Nachrichten sichergestellt, die zwischen Franco A. und dem Angeklagten hin und her gingen. Für den Ermittler zeichnete sich hier das Bild eines "ausländerfeindlich und asylkritisch eingestellten Menschen". Auch wurde deutlich, dass der 27-Jährige von der zweiten Identität seines Freundes wusste. Eine manuelle Waffe war ebenfalls Thema. Dabei habe Franco A. gemahnt, im unsicheren Chat nicht zu viel preiszugeben und sich das "für später aufzuheben". Daraufhin wurden Durchsuchungen in der elterlichen Wohnung und im Studentenwohnheim veranlasst. Das BKA ermittelte wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat. Die Munition sei dann aber "ein Zufallsfund" gewesen. Unter dem Bett im Jugendzimmer wurden außerdem ein Sportbogen und eine Machete sichergestellt. Im Bücherregal stand "Mein Kampf".

Ein Soldat aus dem "Grundsatzreferat" konnte die gefundene Munition als Bundeswehrbestand identifizieren, zu dem Franco A. Zugang hatte. Mit "hinreichend krimineller Energie" sei es möglich, bei Gefechtsübungen Patronen abzuzweigen und mitzunehmen. Aber ganze Kartons? "Ich habe keine Ahnung, wie er das gemacht hat", so der Soldat.

"Ein bitterer Beigeschmack bleibt", sagte Staatsanwältin Mareen Fischer in ihrem Plädoyer in Bezug auf die "menschenverachtenden Äußerungen" des Angeklagten. Auch hätte er bei Franco A. "kritischer nachfragen müssen". Dennoch sei anzurechnen, dass der Ingenieur bei der Aufdeckung einer schweren Straftat geholfen habe. Verteidiger Arne Farwig-Brückmann bezeichnete seinen Mandanten angesichts des kompletten Tatkomplexes als "kleine Leuchte" und forderte eine Geldstrafe. Einen minder schweren Fall sah die Kammer allerdings nicht. "Sie haben eigentlich alles, was man sich wünscht", wandte sich Richter Söhnel schließlich direkt an den Angeklagten, "wären Sie nicht die Person, die in einem Atemzug mit Franco A. genannt wird."

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Von Jasmin Mosel