Auch in Darmstadt: Immer mehr Plastikmüll

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Der in Darmstadt anfallende Plastikmüll wird im Recyclingzentrum in Arheilgen gelagert.  Foto: Guido Schiek

Auch in Darmstadt gibt es immer mehr unverpackte Produkte oder Pfandsysteme. Trotzdem nimmt der Kunststoffabfall weiter zu. Aber manche machen da nicht mehr mit.

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DARMSTADT. Plastikmüll schadet der Umwelt. Spätestens seit den Fridays-for-Future-Demonstrationen ist dieses Thema in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. Die Folgen davon sind auch in Darmstadt spürbar: Die Nachfrage nach unverpackten und nachhaltig produzierten Gütern steigt – zum Beispiel in den zwei „Unverpackt“-Läden von Bettina Will im Martinsviertel und in Bessungen. „Man kann sich dem Thema Umwelt nicht mehr entziehen, mittlerweile ist es überall“, sagt sie.

Ende 2016 hatte Will ihren ersten Laden in der Gutenbergstraße eröffnet, den 17. Laden dieser Art in Deutschland. Im Juli des vergangenen Jahres eröffnete sie den zweiten Darmstädter Laden in der Karlstraße. Mittlerweile sind es schon über 380 Unverpackt-Läden die im Verband mit Sitz in Köln gelistet sind. Mehr als 260 weitere sind in Planung. Dazu zählen auch Läden in Österreich, Irland und Portugal.

Mehrweg erleichtert das Gewissen

Die Mitglieder des Verbandes sind allerdings nicht die einzigen, die der steigenden Nachfrage nach umweltfreundlicheren Einkaufsmöglichkeiten entgegenkommen. Auch das Hofgut Oberfeld und der Alnatura-Konzern, der seinen Sitz in Darmstadt hat, ermöglichen ein nachhaltigeres Einkaufen: Lebensmittel aus der Region, unverpackte Artikel oder Mehrweg-Verpackungen erleichtern auch dort das Gewissen beim Einkauf.

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„Das Interesse an unverpackten Lebensmitteln und nachhaltigen Verpackungsalternativen, wie beispielsweise dem Pfandglas, nimmt laufend zu“, berichtet Alnatura-Pressesprecherin Constanze Klengel. Wichtig für deren Akzeptanz sei es, gute und alltagstaugliche Angebote zu schaffen.

Einkaufen ohne Verpackungsmüll: Im „Unverpackt“-Laden gibt es die Ware aus großen Gebinden direkt ins eigene Gefäß.  Foto: Guido Schiek
Einkaufen ohne Verpackungsmüll: Im „Unverpackt“-Laden gibt es die Ware aus großen Gebinden direkt ins eigene Gefäß. (© Guido Schiek)

Erfolgreich sei auch die Einführung von Produkten wie Müsli oder Passata im Mehrwegglas gewesen. „Wir halten es auch aus Gründen des Produktschutzes für sinnvoll, sich nicht nur auf den kompletten Verzicht von Verpackungen zu konzentrieren“, erklärt Klengel weiter. Rund 50 Produkte im Sortiment gäbe es daher schon im Mehrwegglas.

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Doch nicht nur Lebensmittel gibt es bei Alnatura unverpackt zu kaufen, auch im Drogeriebereich herrsche eine große Nachfrage – vor allem bei Artikeln, von „denen vergleichsweise große Mengen benötigt werden, wie Duschgel oder Waschmittel“. Bei Alnatura gibt es daher erste Versuche in drei Filialen in Freiburg, Karlsruhe und Frankfurt auch flüssige Drogerie-Artikel zum Abfüllen anzubieten.

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Auch Shampoo gibt es unverpackt

Auch die Unverpackt-Läden von Bettina Will bieten eine breite Auswahl an Waschmittel, Shampoo und Co. Die Ware ist so regional wie möglich, das bedeutet es gibt sogar zwischen den beiden Geschäften Unterschiede im Sortiment: Im Bessunger Geschäft gibt es Seifen aus dem Odenwald, im Martinsviertel aus Arheilgen.

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Im Hofladen des Oberfeldes sind Wurst und Käse die Verkaufsschlager im unverpackten Bereich, erzählt Silke Kunkel. „Kunden bringen eigenen Gefäße und verzichten komplett auf Käsepapier und Tüten“, sagt sie. Die Nachfrage nach Trockenware sei bei Ihnen jedoch eher gering.

Auch abseits des tatsächlichen Einkaufens gibt Konzepte, die den Einkauf umweltfreundlicher machen sollen. Das Unternehmen „Umtüten“ aus Kiel hat beispielsweise die „Tüüte“ auf den Markt gebracht – eine Stofftasche aus Bio-Baumwolle mit einem Frische-Inlay. Und die gibt es gleich in dreifacher Ausführung als Snack-, „Broot“- und Markt-Tüüt. Auch in Darmstadt ist der nachhaltige Beutel mittlerweile angekommen und wird zum Beispiel bei der „DroNova“-Drogerie angeboten.

Vom Spinngarn bis zum Druck wird bei der Tüüt alles umweltfreundlich in Deutschland produziert. Die Stoffbeutel sollen so Brottüten und andere Wegwerfprodukte ersetzen und die Lebensmittel trotzdem frisch halten.

Trotz der steigenden Nachfrage nach solchen Angeboten: Der Müll nimmt zu. Gesetze wie das Verbot von Einmalwegplastik, wie es in der EU ab dem 3. Juli gilt, versuchen diesem Trend entgegenzuwirken. Trinkhalme, Rührstäbchen, Luftballonstäbe oder Einweg-Geschirr aus konventionellem Plastik und aus „Bioplastik“ fallen ab dem nächsten Monat genauso weg wie To-Go-Becher und Einweg-Behälter aus Styropor.

320.000 To-Go-Becher jede Stunde

Stündlich werden allein rund 320.000 Einweg-Becher für heiße Getränke in Deutschland verbraucht, so das Bundesumweltministerium. In anderen Ländern sind die Zahlen sogar noch höher. Die Folge davon: Nach Angaben des Umweltprogramms der Vereinten Nationen treiben inzwischen auf jedem Quadratkilometer Meeresoberfläche bis zu 18.000 Plastikteile unterschiedlichster Größe – der größte Teil sinkt jedoch auf den Meeresboden.

Für die Tierwelt ist das katastrophal: Bis zu 135 Meeressäuger und eine Million Meeresvögel kostet der Plastikmüll jährlich das Leben. Die Tiere verhungern mit vollen Mägen, da Plastik den Verdauungsapparat verstopft. Wale, Delfine und Schildkröten verfangen sich in alten Fischernetzen und ertrinken oder erleiden schwere Verletzungen bei Befreiungsversuchen. Geschätzte 380 Tonnen Kunststoff schwemmt allein der Rhein jedes Jahr in die Nordsee, teilt der NABU mit.

Mikroplastik-Partikel besonders gefährlich

Gefährlich sind hier vor allem die nicht sichtbaren Mikroplastik-Partikel. Gegen den Einsatz dieses Stoffes in Kosmetika setzt sich Greenpeace Darmstadt schon seit 2017 ein. Mikroplastik gilt als große Gefahr für die Umwelt – und die Gesundheit. Durch die Verschmutzung der Meere nehmen auch wir Menschen die Plastikteilchen auf. In einer von Nabu beauftragten Studie wurde herausgefunden, dass dieses Problem auch der Landwirtschaft nicht fremd ist.

Von Jenifer Friedmann