Weschnitztal: Von Risiken und Chancen für Apotheke vor Ort
Der Onlinehandel hat längst das Geschäft mit Medikamenten entdeckt. Wie wird diese Konkurrenzsituation in der Region beurteilt?
Von Katja Gesche
Petra Gehron (vorne) führt die Johannis-Apotheke in Fürth.
(Foto: Katja Gesche)
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WESCHNITZTAL - Der Onlinehandel hat längst das Geschäft mit Medikamenten entdeckt. Die Zahl der Apotheken in Deutschland sinkt kontinuierlich – auch wegen der Konkurrenz im Netz. Und wie sieht es in der Region aus?
Sabine Ullmann führt in Rimbach die Odenwald-Apotheke. Sie sieht den Onlinehandel nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Konkurrenz kritisch. „Wir sind eine wichtige Sicherheitsinstanz“, erklärt Ullmann. „Wir arbeiten bei der Medikamentenvergabe eng mit den Ärzten zusammen, können auch bei Unklarheiten bei einem Rezept oder Wechselwirkungen noch einmal nachhaken.“ Jede Apotheke stellt zudem individuell zubereitete Medikamente, oft für Kinder, her, deren industrielle Produktion sich nicht lohnt.
Suche nach Auszubildenden gestaltet sich schwierig
Trotz allem können sich nach Ullmanns Einschätzung die Apotheken im Weschnitztal noch gut halten. „Das liegt aber auch daran, dass wir noch eine vergleichsweise gute Versorgung mit Ärzten haben“, sagt Ullmann. Schwierig ist es allerdings auch im Weschnitztal, qualifiziertes Personal zu finden. Aktuell sucht Ullmann für das kommende Ausbildungsjahr ab Herbst 2019 einen Auszubildenden oder eine Auszubildende zum pharmazeutisch-kaufmännischen Angestellten.
NIEDRIGSTE ZAHL SEIT 30 JAHREN
In Deutschland gibt es aktuell rund 19 500 Apotheken. Das sind rund 2000 weniger als vor zehn Jahren und ist die niedrigste Zahl seit 30 Jahren. Hauptgrund für die Entwicklung ist die Konkurrenz durch den Onlinehandel.
Allerdings haben auch Apotheker mit anderen Problemen des Einzelhandels zu kämpfen. Sie finden gerade auf dem Land nur schwer Personal, und es gibt auch nicht immer jemanden, der im Fall eines Ruhestands die Nachfolge antreten möchte. Im Weschnitztal hat in den vergangenen Jahren allen Problemen zum Trotz keine Apotheke geschlossen. (kag)
„Hier ist die Welt noch ein bisschen in Ordnung“, meint indes Petra Gehron, die mit Elke Weber-Bitsch die Johannis-Apotheke in Fürth betreibt. Natürlich spürt auch sie die Konkurrenz durch den Onlinehandel, und auch sie spricht von den Vorteilen der Apotheke vor Ort. Diese wird mehrmals täglich beliefert, hat also auch ein vergriffenes Medikament schnell parat, und leistet außerhalb der Geschäftszeiten Notdienst.
Gehron organisiert überdies Vorträge über Themen wie Homöopathie und hat auch entsprechende Produkte im Angebot. „So kann man einen festen Kundenstamm halten“, ist sie sich sicher. Wichtig findet Petra Gehron auch, dass die ländlichen Apotheken ein bisschen zusammenhalten und nicht versuchen, Mitbewerber durch Preisdumping aus dem Geschäft zu drängen. Die Fürther Apothekerin hat auch schon die Erfahrung gemacht, dass es nicht so leicht ist, Personal zu finden.
Dominik Müller von der Burg-Apotheke Lindenfels beklagt das „Rosinenpicken“ der Onlinehändler. Er vermisst eine Lobby für Apotheker, die schließlich neben ihrer Arbeit für das Gemeinwohl auch viele Arbeitsplätze anbieten und Steuern zahlen. So sei der Verdienst von Apothekern im Durchschnitt seit 2004 gleich geblieben, obwohl Ausgaben wie Löhne oder Mieten gestiegen sind. Müller findet es außerdem nicht nachvollziehbar, wieso der Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten in Deutschland nicht wie in manchen anderen EU-Ländern untersagt ist. Wenn das System der Apotheken hierzulande bestehen bleiben soll, müsse die Politik reagieren, meint er.
Da die Preise im Internet durch die Apotheke vor Ort nicht unterboten werden könnten, sind Beratung und Zuspruch für ihn wichtig, um Kunden zu halten. Auch findet Müller, es sei nötig, ein Stück mit der Zeit zu gehen und zum Beispiel in sozialen Netzwerken Präsenz zu zeigen.
Joachim Mitzel aus Birkenau hat sich in seiner Rathaus-Apotheke neben dem üblichen Sortiment auf Nahrungsergänzungsmittel spezialisiert. Auch er spürt die Auswirkungen des Onlinehandels. „Das nutzen mittlerweile nicht nur junge Menschen. Dabei können wir die Mittel schneller liefern“, seufzt er. Wie die anderen Apotheken auch bietet er einen Lieferdienst an. Und ebenso wie seine Kolleginnen und Kollegen ärgert ihn, dass ausländische Onlineapotheken bei verschreibungspflichtigen Medikamenten Rabatte gewähren können. Das dürfen die deutschen Apotheken nicht.