Demenz-Netzwerk Weschnitztal: Hilfe zur Selbsthilfe
Um Demenz-Erkrankte bestmöglich zu betreuen, sind die pflegenden Angehörigen von entscheidender Bedeutung. Das Demenz-Netzwerk Weschnitztal will sie unterstützen.
Von Meike Paul
Mitarbeiterinnen des Demenz-Netzwerks Weschnitztal halten Flyer der Initiative.
(Foto: Demenz-Netzwerk)
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WESCHNITZTAL - Eine Spende in Höhe von 1150 Euro aus dem „Echo hilft“-Sondertopf die könnte das Demenz-Netzwerk Weschnitztal gut gebrauchen. Erhält die Initiative des Diakonischen Werks Bergstraße den Zuschlag, so soll das Geld genutzt werden, um die Menschen noch besser aufklären und informieren zu können.
„Wir würden in zwei Vorträge investieren“, sagt Nadesha Garms, die als hauptamtliche Seniorenberaterin und Diplom- Sozialpädagogin auch die Koordination des Demenz-Netzwerkes übernommen hat. Margot Unbescheid würde dann über das Thema „Wie kann ich als pflegende Angehörige mehr Entlastung finden“ referieren, Lars Ruppel mit seinem Konzept „Weckworte“ einen Workshop mit praktischen Tipps für Angehörige anbieten.
„Zwei Veranstaltungen, deren Teilnahme für alle Interessierten dann kostenlos ist“, so Garms weiter. Seit drei Jahren schon gibt es den Zusammenschluss aus haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern, die ansonsten in der Kirche, der Diakonie, den Kommunen, den Pflegestützpunkten des Kreises, den ambulanten und stationären Pflegediensten der Region sowie in der Ergo- oder Ernährungstherapie tätig sind. „Auch psychosoziale Fachkräfte aus dem Programm „Paula“ und Mitarbeiter der ergänzenden, unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) sind uns angeschlossen“, benennt die Koordinatorin ihr Experten-Team.
FORMEN DER DEMENZ
Es gibt verschiedene Formen der Demenz. Allen gemeinsam ist die anhaltende oder fortschreitende Beeinträchtigung des Gedächtnisses, des Denkens und anderer Hirnleistungen. Oft kommen weitere Symptome, etwa im zwischenmenschlichen Verhalten, hinzu. Die „primäre Demenz-Erkrankung“, beispielsweise Alzheimer, ist ein eigenständiges Krankheitsbild, im Gehirn sterben Nervenzellen ab. Als „sekundäre Demenz“ werden demenzielle Erkrankungen bezeichnet, die durch Medikamente oder andere Erkrankungen verursacht werden wie etwa durch Alkoholsucht, Schilddrüsenerkrankungen oder ausgeprägte Vitamin-Mangelzustände. Mehr auf www.rimbach-odw.de. (pam)
Spenden
Echo hilft!“ unterstützt fünf Initiativen, die sich für Menschen mit Demenz engagieren. Jede der fünf hat ein eigenes „Echo hilft!“-Spendenkonto bei der Sparkasse Darmstadt. Die IBAN lauten wie folgt:
Quittungen über die Spenden stellt der jeweilige Verein aus. Bitte vermerken Sie bei Bedarf deshalb im Verwendungszweck Ihre Adresse. Die Spenden bzw. Spender werden veröffentlicht. Wenn Sie das nicht möchten, bitte vermerken Sie das im Verwendungszweck mit dem Hinweis „anonym“. (red)
Um die Demenz-Erkrankten bestmöglich zu betreuen und zu unterstützen, seien die pflegenden Angehörigen aber von entscheidender Bedeutung. „Die Mitmenschen der Betroffenen sind die ersten, die Veränderungen feststellen können, die sensibilisiert werden müssen und die Hilfe zur Selbsthilfe benötigen“, weiß Nadesha Garms aus ihrer langjährigen Erfahrung.
Mit den richtigen Hilfsmitteln und Techniken soll gegen die Ohnmacht und Hilflosigkeit vorgegangen werden. Doch die Krux: Jeder Krankheitsverlauf ist anders. „Unser Ziel ist es daher, das Thema Demenz zu enttabuisieren und über die Erkrankung zu informieren, Angebote zur Entlastung und zum Austausch von Angehörigen vorzuhalten und Menschen mit Demenz mehr Teilhabe am Leben zu ermöglichen.“ Das Corona-Jahr habe hierbei vor besondere Herausforderungen gestellt. „Viele Erkrankte verstehen nicht, weshalb sie eine Maske tragen sollen. Sie tun sich schwer damit, wenn sie die Mimik ihres Gegenübers nicht sehen können, oder begreifen nicht, weshalb sie im Lockdown beispielsweise im Pflegeheim keinen Besuch empfangen dürfen.“
Die Pandemie habe daher gezeigt, dass es immer neue Wege zu erschließen gilt, an vielen Stellschrauben weitergedreht werden muss. Wurde die Demenz aber erst einmal diagnostiziert, gebe es viele Möglichkeiten, Hilfe einzuholen. Die Beratung und Begleitung könne beispielsweise je nach Absprache bei den Ratsuchenden zu Hause, in der Beratungsstelle, telefonisch oder schriftlich erfolgen. Beratungsstellen informieren unabhängig, kostenlos und trägerneutral über die vorhandenen Angebote.
„Gemeinsam mit den Hilfesuchenden klären wir dann in den Beratungsstellen den individuellen Hilfebedarf. Termine sind auch mal kurzfristig möglich“, ermutigt Garms zur Kontaktaufnahme. Im Bedarfsfall kann so auch beim Kontakt mit Behörden und Pflegekassen sowie auch bei der Suche nach einem geeigneten ambulanten Pflegedienst oder einer passenden Pflegeeinrichtung geholfen werden. „Zudem können wir geeignete Beschäftigungsangebote oder Selbsthilfegruppen für Angehörige suchen“, ist die Koordinatorin sicher.
Um im Alltag klare Strukturen zu schaffen, gelte es auch, die Gestaltung des Wohnumfeldes zu überdenken. „Die Strukturlosigkeit war besonders in der Pandemie ein schwieriges Thema“, so Garms weiter. Sie habe weiterhin Hausbesuche gemacht, bei alltäglichen Dingen geholfen. Nadesha Garms weiß aber auch von Patienten, deren geregelter Alltag sich auf einmal verändert und die Menschen damit vereinsamt hat.
„Menschen mit Demenz fällt es oft ohnehin zunehmend schwerer, selbstständig Kontakte zur Außenwelt zu pflegen“, so die Expertin. Man müsse diese rechtzeitig auffangen. Zahlreiche ambulante Pflegedienste bieten daher über die körperlichen Pflegeleistungen hinaus auch Hilfe im Haushalt oder regelmäßige Besuche an. „Wenn der medizinische Dienst der Krankenkassen eine Demenz bei einem Patienten anerkannt hat, können die Kosten für solche Leistungen über die Pflegekasse geltend gemacht werden“, so Garms weiter.
Eine Zahl der Betroffenen kann sie für das Weschnitztal zwar nicht nennen, weiß aber, dass die Beratungsanfragen in diesem Jahr deutlich gestiegen sind. „Auch junge Menschen erkranken an Demenz. Präventiv kann man da einiges machen.“ Nadesha Garms verweist auf einen gesunden Lebensstil, mit der richtigen Ernährung, viel Bewegung, aber möglichst ohne Zigaretten und ohne Alkohol.