Kabarettist Lars Reichow nimmt auch bei der Ordensverleihung in Bürstadt kein Blatt vor den Mund. Foto: Thorsten Gutschalk
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BÜRSTADT - Nachdem der Ortsverein der AfD die Verleihung des Courage-Ordens an den Mainzer Musik-Kabarettisten Lars Reichow kritisiert hat, melden sich inzwischen Vertreter anderer Parteien zu Wort und unterstützen die Entscheidung des Bürstädter Heimat- und Carneval-Vereins (HCV) ausdrücklich. „Es war eine gute Wahl“, finden die Genossen der SPD.
Die „Alternative“ hatte im Vorfeld der Preisverleihung die Wahl Reichows zum Preisträger als „wohl größten Fehlgriff“ seit der Verleihung an den Journalisten Günter Wallraff im Jahr 1986 bezeichnet. Ganz im Duktus des AfD-Bundessprechers Jörg Meuthen, der 2016 gegen ein angeblich „links-rot-grün versifftes Deutschland“ wetterte, meinte der Bürstädter Ortsverband der Partei festgestellt zu haben, dass Reichow „sein Fähnchen in den links-grünen Wind hängt.“ Auch den Umstand, dass der Kabarettist die Ausfälle des amerikanischen Präsidenten Donald Trump kommentierte, stieß der „Alternative“ sauer auf. Beim stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der SPD, Hans Georg Gött, der lange Zeit auch Ortsvorsteher Bobstadts war, weckten die Äußerungen der AfD„Erinnerungen an Zeiten, die überwunden schienen“, sagte der Sozialdemokrat in einer Stellungnahme. Indirekt wirft Gött der Partei vor, in Rede- und Kunstfreiheit eingreifen zu wollen: „Einmischen in kulturelles Leben, Beschneiden der Redefreiheit sind Auswüchse einer Geisteshaltung, die letztendlich Ausmerzung und Ausgrenzung zum Ziel hat.“
Die Verantwortlichen des HCV sind in der Wortwahl weniger drastisch, sehen sich aber in ihrem Weg bestätigt. „Jeder darf seine Meinung äußern“, betonte HCV-Präsident Patrick Brenner am Dienstag. „Wenn durch so eine Entscheidung eine Diskussion angestoßen wird, dann ist das erst einmal etwas Positives.“ Zudem seien die Beiträge bislang sachlich gewesen. „Wir stehen zu unserer Entscheidung“, so Brenner weiter. Gerade mit Reichow handele es sich um einen Kabarettisten, der bewusst anecke und sich auch von Gegenwind nicht beirren lasse. „Reichow hat betont, dass Courage einen ernsten Hintergrund hat, und genau das konnten wir in die Fastnacht gut einbetten“, resümiert der HCV-Präsident.
DER ORDEN
Mit dem Orden zeichnet der Verein herausragende Persönlichkeiten aus Politik, Sport, Unterhaltung und Zivilgesellschaft aus. Reichow, der den Preis am vergangenen Sonntag erhielt, ist der 33. Ordensträger und tritt damit die Nachfolge der Krimi-Autorin Nele Neuhaus an. Der Verein begründete die Auswahl im Vorfeld damit, dass der Mainzer Politikern „spitzzüngig“ den Spiegel vorhalte und sich dabei auch durch Hassmails und Anfeindungen nicht abschrecken lasse. (aheu)
So konziliant im Ton wollte Sozialdemokrat Gött in seiner Stellungnahme dann nicht bleiben. Kulturelle Vielfalt und die Möglichkeit einen anderen Standpunkt zu vertreten seien wichtige Errungenschaften. „Gerade das Recht auf Redefreiheit wird von der AfD trefflich genutzt, um die eigene Denkweise zu propagieren“, meint der stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Brenner wiederum betonte, dass die Entscheidung, den Courage-Orden an Reichow zu verleihen, beim Ordensfest auf sehr positive Resonanz stieß.