Was in der Verkleinerung wuselig wirkt, zeigt in voller Größe erstaunlichen Detailreichtum: Sonntags Panoramabild der Rheinebene. Foto: Freunde des Schlossmuseums
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BENSHEIM - Es ist ein Gemälde von unschätzbarem Wert. Was die Restaurierung des "Prospect von dem Meliboco und dessen Gegend" von Johann Tobias Sonntag aus dem Jahr 1747 kostet, lässt sich allerdings beziffern. 82 000 Euro verlangt die Restauratorin Christiane Ehrenforth.
1250 Euro hat der Rotary-Club Bensheim-Südliche Bergstrasse am Montag dem Verein "Freunde des Schlossmuseums Darmstadt" in Bensheim überreicht. Der frühere Staatssekretär Joachim-Felix Leonhard ist Schirmherr der Spendenaktion. Er rief gemeinsam mit Rotary-Präsident Professor Dr. Christian Enss und Christian Kramberg, dem Vorsitzenden des Fördervereins, Bürger sowie Städte und Gemeinden dazu auf, mit Spenden und Patenschaften dazu beizutragen, dass die Finanzierungslücke von 15 000 Euro geschlossen wird.
Im Herbst 2018 will die Restauratorin fertig sein. Carl-Christof Gebhardt, Vorsitzender der Darmstädter Museumsfreunde, und dessen Stellvertreter Friedhelm Kühn beschrieben den Aufwand, der mit der Restaurierung verbunden ist. Im Juni 2015 hat Diplom-Restauratorin Ehrenforth damit begonnen, in ihrem Atelier in Liebenau bei Hofgeismar 30 000 Fadenenden der Leinwand zusammenzuknüpfen. Die Risse sind insgesamt 14 Meter lang. Denn als das 2,29 mal 3,80 Meter große Bild in den Wirren des Zweiten Weltkriegs mit 300 anderen Werken vor der Zerstörung gerettet werden sollte, wurde es rücksichtslos zusammengefaltet.
NOCH FEHLEN 15 000 EURO
Derzeit wird das große Gemälde "Prospect von dem Meliboco und dessen Gegend" restauriert, mit dem der Maler Johann Tobias Sonntag (1716 bis 1774) ein detailliertes Panorama von Bergstraße und Rheinebene entworfen hat. Der Maler selbst sitzt, sich auch selbst auf dem Bild malend, unterhalb des Melibokus.
Er war der Sohn des Jagd- und Hofmalers Zacharias Sonntag (1683 bis 1783). In einer Legende in der linken unteren Ecke des Meliboco-Prospects findet sich eine nummerierte Liste der dargestellten Orte. Das Gemälde gehört zum Bestand des Schlossmuseums Darmstadt, diente ursprünglich im Marktpalais in Darmstadt als Wandbehang.
Für die Kosten der Restaurierung - insgesamt 82 000 Euro - wurden vom Förderverein "Freunde des Schlossmuseums Darmstadt" über 65 000 Euro an Spenden gesammelt. Für die Finanzierung zum Abschluss der Restaurierung fehlen noch etwa 15 000 Euro.
"Der Rotary-Club gibt 1250 Euro. Spendenkonto: Volksbank Darmstadt-Kreis Bergstraße, Iban: DE25508900000006833209, das Stichwort lautet: "Melibokus". www.freunde-des-schlossmuseums.de (ai)
Fetzen müssen zusammengefügt werden
Als es Jahrzehnte später wieder auftauchte, war es in 19 einzelne Teile zerstückelt, von denen mehrere fehlten. So musste zunächst die Frage beantwortet werden, wie die Lücken ergänzt werden. Zum Glück gab es eine Fotografie aus dem Jahr 1926, die zeigte, dass im unteren Viertel ein Pferd, Figuren und eine Kanonenkugel zu sehen waren. Die Lücken im Himmel und im Gebüsch ließen sich vergleichsweise leicht schließen.
Leonhard schwärmte vom immateriellen Wert des Werkes. Es zeigt nicht nur Orte und Landschaft zwischen Darmstadt und Weinheim und einen Ausblick auf Mannheim, Worms, den Rhein und den Donnersberg in der Pfalz. Es stellt Menschen und Situationen aus dem Spanischen Erbfolgekrieg dar.
Dazu kommt die Geschichte des Verschwindens und der Wiederentdeckung im Jahr 1996. Die Fetzen lagen auf einem Dachboden im Museum Borgk in Thüringen. Ratten und Mäuse knabberten an der Leinwand. Fußspuren zeigen, dass die Einzelteile auf dem Boden ausgebreitet waren.
Wenn die Restauratorin fertig ist, soll der Meliboco-Prospect wieder im Schlossmuseum ausgestellt werden. Leonhard und Gebhardt können nur vermuten, warum der Darmstädter Landgraf Ludwig VIII. dem Maler den Auftrag erteilt hat, auf den 517 Meter hohen Melibokus zu steigen und zu malen, wie die Welt aus diesem Blickwinkel aussieht.
Es war ein Geschenk an den Sohn Georg Wilhelm, so viel ist bekannt, und es hing zunächst im Marktpalais in Darmstadt. Warum der Maler am Bildrand die Orte durchnummeriert hat, und warum Auerbach, Zwingenberg und Alsbach an erster Stelle stehen, auch das kann nur vermutet werden. Der Maler wusste, dass die drei Gemeinden auf dem Melibokus ein Gemarkungsdreieck bilden. Was er offenbar nicht wusste: Dass auf den damaligen Landkarten die Abkürzung "Gr. Hausen" nicht für Gräfenhausen, sondern für Groß-Hausen steht, das zusammen mit Klein-Hausen heute die Gemeinde Einhausen bildet. Mit all diesen Details möchte Leonhard dafür werben, dass aus der Region Bergstraße weitere Spenden fließen.
So, wie Professor Leonhard am Montag das Bild beschrieb, ist es mehr als ein historisches Kunstwerk. Es ist eine Art Luftaufnahme aus einer Zeit, in der an Flugzeuge oder gar an "Google Maps" noch nicht zu denken war.