Wie Picasso auf der Mathildenhöhe: Der Darmstädter Kunstpreisträger Pierre Kröger feiert am Sonntag seinen achtzigsten Geburtstag.
Von Sibylle Maxheimer
Der Darmstädter Maler und Grafiker Pierre Kröger begeht am Sonntag, 23. September, seinen Achtzigsten.
(Foto: Dirk Zengel)
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DARMSTADT - Wer die Bohème von Darmstadt sucht, findet sie in einer zum Atelier umgestalteten Wohnung am Alexandraweg. Dort lebt und arbeitet der Maler Pierre Kröger inmitten seiner großformatigen, lyrisch-expressiven Gemälde, Farbutensilien, Reisemitbringsel. Am 23. September kam er 1938 in Darmstadt zur Welt, sollte hier die Gartenschule am ehemaligen Messplatz besuchen, doch als er sich bei Volksschullehrer Thierolf vorstellen wollte, „wurden wir ausgebombt“, erzählt Pierre Kröger, der damals noch Peter hieß.
Mit seinen Geschwistern Klaus-Dieter und Christel fanden die Eltern Ulrich Richard und Marianne in einer nahegelegenen Gärtnerei Unterschlupf, wie auch andere Familien, die dort am Woog lebten. Später ist die Familie aus der Trümmerstadt Darmstadt nach Erfurt geflüchtet, kehrte erst einige Jahre später wieder in ihre Heimat zurück. Kröger besuchte dann das Ludwigs-Realgymnasium, hat aber keine guten Erinnerungen an diese Zeit: „Normale Schule war für mich ein Ekel. Ich hasste, was zu tun, was bestimmt wurde, das war unerträglich.“ So brach er die Penne ab, ließ sich in Bessungen zum Schlosser und Schmied ausbilden.
Zwischen 1957 und 1961 war er einer der Glücklichen, die bei Helmut Lortz, Hanns Hoffmannlederer und Fritz Fischer-Nosbisch an der Werkkunstschule studierten. Kröger wurde freier Gebrauchsgrafiker, gestaltete Poster und Buchumschläge für den Ullstein-Verlag. Sich an den Bauhäusler Hoffmannlederer erinnernd, sagt er: „Ich fühlte mich dort so frei wie nirgendwo.“
WERKSCHAU
Einen Teil seiner privaten Sammlung stellt Pierre Kröger im DARZ, Julius-Reiber-Straße 11, aus.
Wer diese Werke sehen möchte, kann sich per E-Mail an den Maler wenden. Adresse: pierre@pierre- kroeger.com. (max)
Es ist spannend wie und was Kröger über seine Schul- wie auch Studienzeit zu erzählen hat, denn er sei Einzelgänger gewesen, der sich Kleider und auch Waffen, wie Dolche und Armbrust, selbst herstellte. Wobei ihm die englische Sagengestalt Robin Hood Vorbild war. Mit selbstgeschneiderten Stulpenstiefeln und Lederwams ausgerüstet, fühlte er sich wie ein Musketier.
Im Jahr 1981 nahm er dann den Kunstpreis der Stadt Darmstadt entgegen: in „Anerkennung hervorragender künstlerischer Leistungen“. Drei Jahre später gab’s für seinen „Tanz der Neandertaler“ den Internationalen Senefelder-Preis für „besondere Leistungen auf dem Gebiet der Lithographie und des Flachdrucks“.
Auf einem seiner Tische findet sich der Lieblingssatz: „Kunst wäscht den Staub von der Seele des Alltags.“ Das Interesse an Geschichte sowie Fetische von Naturvölkern hat er sich erhalten. Überall an den Wänden oder auf Simsen zeugen ausgewählte Stücke von dieser Leidenschaft. Rundherum ist er von seinen beeidruckenden Bildern – darauf meist Frauen, hie und da aber auch Männer, Landschaften, Häuser, Schiffe – umgeben; entweder als Kaltnadelradierung, Tuschzeichnung, Aquarell, Ölbild oder Pastell.
Als Besucher wird man in diesem Künstlermilieu schnell verzaubert, umgeben von Schätzen wie alten Teppichen, Stoffen, eigenwilligen Holzmöbeln und Accessoires, die zusammen mit seinen bildnerischen Werken wie eine Märchencollage wirken. Der Schreibtisch ist ein Entwurf von Dieter Rams, die legendäre Valentine von Olivetti dient ihm zum Briefe schreiben und durch seine Gattin Barbara hat man wirklich das Gefühl, Pierre Kröger, der in lilafarbenem Hemd, Jeans und blauen Segeltuchschuhen herumläuft, und der an diesem Sonntag (23.) seinen 80. Geburtstag feiert, lebt wie Picasso – allerdings nicht in Barcelona oder Paris, sondern auf der Darmstädter Mathildenhöhe.