Wiesbaden vor der Entscheidung für einen Museums-Neubau
Von Birgitta Lamparth
Redakteurin Kultur und Stadtredaktion Wiesbaden
Museumsbauten von Fumihiko Maki: Oben links das Yerba Buena Center for the Arts in San Francisco, daneben das National Museum in Kyoto, links unten das Aga Khan Museum in Toronto, daneben Makis Entwurf für das Ernst-Museum in Wiesbaden (weißer Bau). Fotos: Maki
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WIESBADEN - „Ich plädiere stark für eine positive Entscheidung und eine schnelle Errichtung“, sagt Peter Cachola Schmal. Der Direktor des Deutschen Architekturmuseums in Frankfurt ist einer der vielen Befürworter von Reinhard Ernsts Angebot an die Stadt Wiesbaden. Der Wiesbadener Unternehmer und Kunstsammler will an der Wilhelmstraße 1 auf eigene Kosten ein Museum für seine Sammlung abstrakter Kunst bauen lassen. Jetzt hat der Magistrat den Erbbaurechtsvertrag gebilligt, die Stadtverordneten werden voraussichtlich am 21. Dezember darüber abstimmen – Basis für eine verbindliche Vereinbarung mit der Ernst-Stiftung über den Bau. Dieser könnte bis 2022 stehen.
Entwurf von Stararchitekt Fumihiko Maki
Die Pläne sind mit einem berühmten Namen verbunden: dem des japanischen Architekten Fumihiko Maki. Der fast 90-jährige Kreative hat weltweit zahlreiche Museen gebaut, darunter das Aga Khan Museum in Toronto und das Yerba Buena Center for the Arts in San Francisco. Wiesbadens Oberbürgermeister Sven Gerich, der im April grünes Licht für die Verhandlungen mit Reinhard Ernst gegeben hatte, zeigte sich schon damals zuversichtlich, dass der fertige Bau die Wilhelmstraße aufwerte. Und auch Peter Cachola Schmal ist davon überzeugt: „Wiesbaden kann sich glücklich schätzen, wenn ein Museum von Fumihiko Maki an einer solch exponierten Stelle gebaut wird.“
Was aber ist es, was die Bauten des Star-Architekten so besonders macht? Dieser Frage gehen wir im Dialog mit dem Frankfurter Museumsmann und dem Museumsstifter Reinhard Ernst nach. Für Ernst lag es von Anfang an auf der Hand, nur mit Maki dieses Bauvorhaben mit einem Kostenvolumen von 40 bis 50 Millionen Euro anzugehen. „Ich bin ein großer Freund des Bauhaus-Stils. Maki ist dafür bekannt, dass er diesen verfeinert. Seine Bauten sind streng und nüchtern und dennoch gefällig“, sagt Ernst. Kennengelernt hat der Wiesbadener Unternehmer den 1928 geborenen Architekten schon vor über 25 Jahren in Japan. 2012 stiftete Ernst im japanischen Natori, das vom Tsunami 2011 heimgesucht wurde, den Begegnungsort „Haus der Hoffnung“, gebaut wurde es von Maki.
Museumsbauten von Fumihiko Maki: Oben links das Yerba Buena Center for the Arts in San Francisco, daneben das National Museum in Kyoto, links unten das Aga Khan Museum in Toronto, daneben Makis Entwurf für das Ernst-Museum in Wiesbaden (weißer Bau). Fotos: Maki Foto:
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Der Japaner sei völlig zu Recht 1993 mit dem Pritzkerpreis, dem weltweit wichtigsten Preis für Architekten, ausgezeichnet worden, meint Peter Cachola Schmal. Das Deutsche Architekturmuseum habe ein Maki-Hochhaus beim Internationalen Hochhauspreis 2016 als eines von fünf Finalisten ausgezeichnet: Sein „Four World Trade Center“ in New York könne „mit seiner unglaublich delikaten Materialbehandlung und Eleganz als neuer Klassiker der Hochhausarchitektur gesehen werden“.
Museen gebaut von Toronto bis Basel
Maki habe an seinen Museumsprojekten sein großes Können und seine gestalterische Exzellenz bewiesen. Das Aga Khan Museum im kanadischen Toronto von 2014 werde „sehr gerühmt für seinen sensiblen Umgang mit den Inhalten, dem Standort und seinen Lichtverhältnissen“, so die Einordnung des Frankfurter Architektur-Experten. Auch das in Basel 2009 gebaute Novartis Square Gebäude zeige „die für Maki typische Eleganz, Lichtfülle und Perfektion der materiellen Ausführung“.
DER SAMMLER UND DIE SAMMLUNG
Reinhard Ernst, Jahrgang 1945, ist in Eppstein aufgewachsen und hat in Limburg das Unternehmen „Harmonic Drive“ aufgebaut. Ernst lebt in Wiesbaden, hier ist auch der Sitz der zusammen mit seiner Frau gegründeten Stiftung.
Seine Kunstsammlung umfasst 700 Werke, von denen 500 im Rahmen einer Stiftung im neuen Museum in Wiesbaden präsentiert werden sollen. Seine Kollektion ist wie das Who‘s Who der abstrakten Malerei nach 1945: Internationale Künstler wie Jackson Pollock und Kenneth Noland sind hier ebenso vertreten wie deutsche Größen mit Anselm Kiefer und Günther Uecker. Allein von Helen Frankenthaler besitzt Ernst 30 Arbeiten. Die Sammlung wird insgesamt auf über 60 Millionen Euro geschätzt.
Peter Cachola Schmal appelliert an Wiesbaden, diese Chance nicht ungenutzt zu lassen. Er verweist auf Darmstadt. Hier sei die Errichtung des Bauhaus-Archivs durch Walter Gropius so lange verzögert worden, bis es in Berlin 1960 gebaut wurde. Schmal: „Diese Fehlentscheidung schmerzt nach über 50 Jahren noch immer.“