ZEITEN & RAHMENPROGRAMM
. "Richard Löwenherz. König - Ritter - Gefangener" ist von Sonntag an bis zum 15. April 2018 in Speyer zu sehen. Öffnungszeiten: Di. bis So. 10 bis 18 Uhr, an Feiertagen und in den Ferien auch montags.
. Es gibt ein umfangreiches Begleitprogramm, mit Lesungen, Konzerten, Theater sowie einer Vortragsreihe. Auch Worms und Burg Trifels bieten ein ergänzendes Programm. Mehr: www.loewenherz-ausstellung.de.
. Am 12. November wird in Speyer eine begleitende Familien-Ausstellung eröffnen, die nur der Figur Robin Hood gewidmet ist.
. Der Katalog (416 Seiten, 24,90 Euro) ist bei Schnell & Steiner erschienen.
SPEYER - Eigentlich sprechen die Zahlen gegen Richard Löwenherz: Nur zehn Jahre war er Englands König, eines davon verbrachte er in Gefangenschaft. Zwei weitere auf dem Dritten Kreuzzug. Später hielt ihn die Rückeroberung jener Gebiete beschäftigt, die der französische König Philipp II. während Richards unfreiwilligem Aufenthalt am Oberrhein annektiert hatte. Insgesamt war er als englischer Monarch nur sechs Monate in England - nicht gerade das, was man sich unter einem idealen Herrscher vorstellt. Und dennoch ist sein Name heute legendär, kann jeder sofort ein Bild damit verbinden. Für Alexander Schubert, Direktor des Historischen Museum der Pfalz in Speyer, ist es das des breitbrüstigen Löwen aus Disneys Zeichentrickfilm, wie er bei der Pressevorbesichtigung der Ausstellung "Richard Löwenherz. König - Ritter - Gefangener" verrät. Für andere ist es vielleicht Sean Connery: Mehr als 50 Schauspieler haben den Plantagenet-Herrscher vor der Kamera dargestellt - meist in Filmen zu Robin Hood, dem Helden aus Sherwood Forest.
Leihgaben aus sieben Ländern und von der Queen
Der spielt in Speyer zunächst jedoch keine Rolle - ab November wird ihm eine Familien-Ausstellung gewidmet sein. "Wir wollten vermeiden, dass jemand aus der Schau geht und denkt, Robin Hood war eine Figur aus dem Umfeld von Richard Löwenherz", sagt Schubert. Verständlich, nicht nur weil der Chronist John Maior den Bezug zwischen realem König und fiktivem Held erst im 16. Jahrhundert herstellte. Sondern auch, weil hinter der Speyerer Schau ein kuratorischer und wissenschaftlicher Kraftakt steckt, der nicht völlig von popkultureller Faszination verdeckt werden sollte. Auch wenn die Ausstellung natürlich dem Mythos Löwenherz nachspürt: Wie kann es sein, dass Richard zum Inbegriff des idealen Königs wurde?
Dieser Frage geht das Museum anhand von 180 Exponaten nach - darunter Leihgaben der British Library, des Victoria & Albert Museums und sogar der Queen persönlich. Geordnet ist alles chronologisch: Von der Vorgeschichte des Angevinischen Reichs der Plantagenets, das sich von der Grenze zu Schottland bis in die Pyrenäen erstreckte - was Richards kurze Anwesenheit in England relativiert - bis zu seinem Nachleben als Legende. Für das die Schau zumindest eine Antwort findet: Richard war ein Meister der Selbstinszenierung, der seine Glorifizierung als Musterbild des höfischen Rittertums aktiv vorantrieb. Etwa, in dem er seine Abstammung auf Artus zurückführte und eine Grabung in Glastonbury veranlasste, bei der das Grab des Camelot-Gründers gefunden wurde. Natürlich.
Fakt ist hingegen, dass die Artussage auch im Zuge von Richards Gefangenschaft nach Deutschland kam: Eine prachtvolle Ausgabe des "Lanzelet" von Ulrich von Zatzikhoven, der die Vorlage seiner Geschichte um1200 von einem Ritter aus Löwenherz' Gefolge empfing, gehört zu den eindrucksvolleren Exponaten der Schau. Überhaupt sind es oft Schriftstücke, die in Speyer besonders imponieren. Allen voran eine frühe Neufassung der Magna Carta (1217), also jenem Dokument, zu dessen Unterzeichnung sich Johann Ohneland 1215 auf Druck des Adels gezwungen sah und das den Grundstein für viele bürgerliche Freiheiten legte. Faszinierend aber auch die Urkunden die belegen, dass Richard auch aus seiner Gefangenschaft heraus - er verbrachte sie auf Burg Trifels, aber auch in Speyer und Worms, gegen 23 Tonnen Silber freigelassen wurde er in Mainz - als Regent agierte.
Immer wieder öffnet die Ausstellung so neue Themenfenster, und bietet mit prunkvollen Stücken wie dem goldenen Kreuz Heinrichs des Löwen oder dem Bleikästchen, in dem Richards Herz in der Kathedrale von Rouen beigesetzt wurde, auch spektakuläre Schauwerte. Das überzeugt - auch wenn man sich bei Themen wie dem Kreuzzug eine thematische Vertiefung wünschen würde. Aber der Platz ist eben begrenzt - auch bei einer Mammutschau, die das Siegel "Landesausstellung" führt.
Und was ist mit der Leihgabe der Queen? Die wartet im letzten Raum: eine Miniaturform der Richard-Reiter-Statue vor den Houses of Parliament. Price Albert schenkte sie einst seiner Victoria.