Ottmar Hörl über sein Gutenberg-Projekt in Eltville
Von Birgitta Lamparth
Redakteurin Kultur und Stadtredaktion Wiesbaden
Ottmar Hörls neues, serielles Projekt bringt Gutenberg nach Eltville. Foto: Cornelia Regner
( Foto: Cornelia Regner)
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ELTVILLE - Gutenberg – das ist für Ottmar Hörl der „erste Medien-Tycoon, jemand wie Bill Gates oder Steve Jobs“. Warum? Der Erfinder der Druckkunst habe maßgeblichen Anteil daran, dass jeder an Informationen herankommt – bis heute. Hörl hat sich seinen eigenen Blick auf „Gensfleisch“, wie er ihn immer mal wieder fast liebevoll nennt: Ab dem 18. August realisiert er in Eltville eine Installation mit 155 seriellen Skulpturen – ein Beitrag der Stadt zum Gutenberg-Gedenkjahr 2018. Wie sieht der Konzeptkünstler heute den Mann, der vor 550 Jahren gestorben ist?
Im Gespräch wird schnell deutlich: Da gibt es eine direkte Verbindung, über die Jahrhunderte hinweg. Denn dass sich der bekannte Konzeptkünstler dem Erfinder der Druckkunst besonders verbunden fühlt, liegt eigentlich auf der Hand: Auch bei Hörl geht es immer um das Thema Serie – und ohne die Vervielfältigung wäre der Buchdruck nicht die Revolution gewesen, die von Gutenbergs Erfindung ausging. „Das hat die Welt in Bewegung gesetzt – das Original ist eigentlich für die Menschen uninteressant“. Darum werde auch in der Kunst „immer ein Brimborium gemacht“, findet der 1950 in Nauheim geborene Künstler, der bis 2017 die Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg als Präsident geleitet hat. Ihm glückte ein Paradoxon: Durch seine seriellen Installationen, die ein und dieselbe Figur in großen Stückzahlen präsentieren, ist ihm doch ein Alleinstellungsmerkmal geglückt. Arbeiten von Hörl erkennt man immer sofort – und das überall auf der Welt. 250 Galerien arbeiten international mit ihm zusammen. Dabei geht es Hörl mehr um Projekte im öffentlichen Raum als um klassische Ausstellungen: „Ein Projekt im Stadtraum schlägt 50 Einzelausstellungen an Aufmerksamkeit“, ist seine Gleichung. Aber er stelle „nicht einfach nur Figürchen auf“ und sage, das war es. Es gehe ihm um eine Konzeption. Ein Musterbeispiel ist das vor kurzem realisierte Projekt zu Albert Einstein in Ulm. 500 Skulpturen hat er in der Coburger Werkstatt gießen lassen, mit der er seit Jahren zusammenarbeitet. Und sie auf dem Platz vor dem Ulmer Münster gruppiert. Eine Stunde später hatten Passanten sie völlig umgestellt, „zu ganz neuen Formationen, das sah aus wie ein Truppenübungsplatz“. Da merke man einfach das gestalterische Begehren der Menschen.
Noch subversiver geht es bei seinem Projekt in der Völklinger Hütte zu. Dort hat Hörl in dem mittlerweile als Ausstellungsfläche genutzten Industriedenkmal auf 10 000 Quadratmetern 100 kleine Arbeiter platziert – ein Denkmal für die vielen Menschen, die hier mal tätig waren.
In Eltville hatte er schon 2013 500 rote Rosen-Skulpturen aus Anlass des Jubiläums der Rosenstadt präsentiert. Nun sind es also 155 kleine Gutenbergs, die in der Außenanlage der Kurfürstlichen Burg in Schwarz, Rot und Gold für ein Kunstereignis sorgen werden. Die Nationalfarben? War nicht die Absicht, sagt Hörl. Wichtig war nur: Monochrom. Und der schwarze „Gensfleisch“ gefalle ihm am besten: „Die schwarze Magie“ sage man ja auch von der Druckkunst.
Motivisch sei er völlig frei gewesen, erzählt Hörl: „Es gibt ja aus Gutenbergs Zeit keine Abbildungen.“ Aber Parallelen: So hat er auch bei Hörl einen Bart und eine Kappe – und presst seine Erfindung, das Buch, fest an sich. Etwa ein Meter hoch sind die Skulpturen. Präsentiert werden sie in der Außenanlage der Kurfürstlichen Burg.
Übrigens habe es, erzählt Hörl, „immer mal wieder“ auch zu Gutenberg private Anfragen aus Mainz bei ihm gegeben. Was es nicht gab, war ein Auftrag der Stadt: „Das ist eigentlich schlimm, dass Mainz diese Chance an sich vorüberziehen lässt.“ Umso mehr sei er begeistert, dass nun Eltville sich an diese große Unternehmung wagt. Die man unterstützen kann: Die Skulpturen stehen bis zum 23. September auch zum Verkauf.