Geschichten in vier Bildern: Ausstellung zum Europäischen Architekturfotografie-Preis im Zentrum Baukultur in Mainz
Von Marianne Hoffmann
Fotograf Matthias Jung hat mit seiner Arbeit „Revier“ zum Braunkohleabbau eine Auszeichnung erhalten. Foto: hbz/Kristina Schäfer
( Foto: hbz/Kristina Schäfer)
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MAINZ - Das Thema, das die Macher des deutschen Architekturfotografie-Preises für 2017 gesetzt haben, könnte nicht aktueller sein: „Grenzen/Borders“ lösen Bilder im Kopf, setzen Assoziationen frei, bei jedem anders, bei jedem individuell.
Seit 1995 wird alle zwei Jahre der europäische Architekturfotografie-Preis ausgelobt. 2017 zum 17. Mal. Einsendungen aus der ganzen Welt, darunter Japan, Kanada und die USA, erreichten die Jury. Aus 133 Einreichungen kamen 28 in die engere Wahl. Gezeigt werden sie nun im Zentrum Baukultur im Brückenturm. Das Besondere an diesem Preis ist, dass vier Fotografien eingereicht werden müssen. „Das Tryptichon, das aus drei Fotografien besteht“, erklärt Christina Gräwe, Vorsitzende von Architekturbild e.V., ist eine schnelle Erzählung, die stimmig ist. Das vierte Bild hinzuzufügen, das sei „die besondere Herausforderung“.
Es gibt einen ersten Preis, und der ging nach Berlin an Andreas Gehrke. Er hat seine Geschichte in vier Bildern „Arrival“ betitelt. In zwei Hoch- und zwei Querformaten zeigt er, schwarz-weiß und farbig, Berliner Flüchtlingsunterkünfte an ausgewählten Details, die verhüllte Außenhaut eines Kuppelbaus am Ex-Flughafen Tempelhof, der einst zu einer Gartenausstellung gehörte und nun als Mehrzweckgebäude für Flüchtlinge funktioniert.
GEÖFFNET
Die Ausstellung „Grenzen/Borders“, Europäischer Architekturfotografie-Preis, ist bis zum 13. April im Zentrum Baukultur im Brückenturm, Rheinstraße 55, in Mainz zu sehen.
Trostlosigkeit bei Laternenlicht
Matthias Jung aus Erftstadt erhält eine Auszeichnung für seine Arbeit „Revier“ und die Möglichkeit, in einem Vortrag sein Langzeitprojekt des Braunkohleabbaus als Tagebau und das Verschwinden ganzer Dörfer, samt historischer Kirchen im Großraum Köln, vorzustellen. Seine Fotos zeigen aufgelassene Häuser, verrammelte Eingänge, geschützte Fenster, Trostlosigkeit bei Laternenlicht fotografiert: „Bis hierhin und nicht weiter.“
Wie weit der Begriff Grenze zu fassen ist, zeigen die höchst unterschiedlichen Fotografien auf eindrucksvolle Weise. Sally-Ann Normann aus Großbritannien hat sich der Hecke angenommen, die zwar grün und stattlich nicht so furchteinflößend daher kommt, aber dem, der davor steht, sehr genau signalisiert, dass es hier eine Abgrenzung zwischen Öffentlichkeit und Privatsphäre gibt. Daniel Poller aus Leipzig nennt seine Kurzgeschichte in vier Bildern „stone record“ und beschreibt, wie der moderne Städtebau die Grenzen der historischen Bebauung missachtet und gnadenlos sich über die alte Architektur stülpt.
Alle in dieser Ausstellung gezeigten Fotos sind 28 Kurzgeschichten über Grenzen, zeitgenössisch interpretiert durch das unbestechliche Auge der Kamera und den Instinkt der Fotografierenden – ein grenzenloser Augenschmaus.