Heinz Bienefelds schnörkellose Bauten sind im Frankfurter Architekturmuseum zu sehen.
Von Christian Huther
Ein Bild von Haus Pahde in Köln von Heinz Bienefeld ist im Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt zu sehen.
(Foto: Constantin Meyer)
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FRANKFURT - Oh je, das fängt schon gut an. Die Ankündigung kennen wir zu Genüge, wenn es heißt, der Architekt sei etwas für Kenner. Das bedeutet fast immer, dass es schwierig und unpopulär wird. Aber bei Heinz Bienefeld ist alles ganz einfach. Für den 1995 gestorbenen Architekten waren die Antike und die Renaissance die wichtigsten Lehrmeister. So galt er lange als Unzeitgemäßer und wurde erst spät anerkannt.
Sein schmales Werk ist jetzt in einer Auswahl von 18 Bauten im Deutschen Architekturmuseum (DAM) in Frankfurt zu sehen unter dem Titel „Antike radikal“. Bienefeld realisierte keine spektakulären Projekte, er konzentrierte sich auf Wohnhäuser und Kirchen. Das DAM besitzt das Archiv und stellte das Werk vor 22 Jahren umfassend vor. Nun wieder, mit gutem Grund.
Denn Bienefeld ist ein Vorbild für Architekten. Etliche seiner Bauten bereitete er mit bis zu 1000 Zeichnungen vor, von ersten vagen Skizzen bis zu exakten Plänen, die jeden Backstein zeigen. Zwischendurch formte Bienefeld aus Plastilin kleine Modelle, um die städtebauliche Wirkung der Volumen und Proportionen zu prüfen. DAM-Kurator Philipp Sturm kann der „kompromisslosen Haltung“ des Architekten viel Positives abgewinnen. Denn Bienefeld war ein Perfektionist, der sich in jedes Detail vertiefte, von der Türklinke bis zur Klingel.
Die Künstler auf der Darmstädter Mathildenhöhe hätten vor 120 Jahren ihre helle Freude an dem Rheinländer gehabt, wollten sie doch Kunst und Leben in wunderschönen Villen versöhnen, die sich aber Otto Normalverbraucher nicht leisten konnte. Solche Häuser baute auch Bienefeld von den 1960er-Jahren an – und hatte bald eine treue Fangemeinde, vor allem im Rheinland bei privaten Bauherren und auch bei den Kirchenoberen. Damit konnte man aber kein Aufsehen erregen.
Bienefelds Aktualität liegt also in der Zeitlosigkeit, in seinem Vertrauen auf handwerkliche Perfektion und klare Proportionen. Von seinem genauen Blick können wir heute lernen, um künftig die öden Bauklötze von Familien und Investoren zu vermeiden. Ein gutes Vorbild ist das 1966-70 errichtete Haus Nagel in Nordrhein-Westfalen, das sich mit seiner Symmetrie an der Renaissance orientiert. Kurzzeitig galt Bienefeld deshalb als Vertreter der Postmoderne, die munter alle Stile zitierte und mixte. Doch Bienefelds Liebe zum Material, vor allem zum Backstein, ging über alles; das hätte kein Postmoderner gemacht.
So wächst das Haus Nagel scheinbar aus dem Boden, wie Philipp Sturm meint, denn die Backsteine wurden auch für das Pflaster auf dem Hof und den Wegen verwendet. Dem Architekten gelangen bald freiere Bauten, wie er an der Kirche St. Willibrord im Hunsrück von 1968-73 bewies – ein typischer Bienefeld-Standort, fernab von Metropolen. Dort entwickelte er aus rau verfugten Backsteinen geradezu virtuose Fugenbilder, die an uralte Bauten erinnern. Auf Urtypen griff er auch später zurück, aber nun stand die Raumentfaltung im Zentrum. Meist handelt es sich um römisch anmutende Häuser mit Innenhöfen, großen Fluren und raffiniert verschachtelten Räumen. Eine urbane Architektur war Bienefelds Sache nicht, seine Häuser brauchen Platz, um überhaupt wirken zu können.
Höhepunkt seines Schaffens war das Haus Babanek in Brühl bei Köln (1991-95). Die Vorderseite ist komplett verglast, dahinter steht die zweite Fassade aus Backstein. Die Rückseite indes besteht aus einer dicken, fast abweisenden Ziegelfassade mit hohen Fenstern. Erst die Schmalseiten mit dem Aufprall von Glas und Ziegeln machen den Widerspruch zwischen Filigranem und Massivem deutlich. „Form ist alles, Funktion ist nichts“ – dieser Satz findet sich im Notizbuch von Bienefeld. Er wollte die asketische Schönheit retten.