Arbeiten von Künstlern der Darmstädter Sezession bei Lattemann
Die Trautheimer Galerie Lattemann engagiert sich für heimische Künstler. Zur Hundertjahrfeier der Darmstädter Sezession werden dort Sezessionskünstler präsentiert.
Von Annette Krämer-Alig
Diese beiden Ölbilder von Friederike Walter und diese Plastik von Walter Nass sind in der Ausstellung der Galerie Lattemann zu sehen, die sich der Darmstädter Sezession widmet.
(Foto: Andreas Kelm)
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TRAUTHEIM - Es ist mehr als ein Sprichwort: Tatsächlich liegt Gutes meist ziemlich nah. Das zeigen auch Christa und Reinhard Lattemann in ihrer aktuellen Ausstellung. Zur Hundertjahrfeier der Darmstädter Sezession, die ja zurecht stolz darauf ist, dass sie schon immer ohne Mühe ihre Mitglieder nicht nur vor Ort, sondern in ganz Deutschland finden konnte, sind in Trautheim „Sezessionisten unserer Galerie“ zu sehen. Und hier verblüfft, wie viele der acht Maler und Zeichner sowie acht Bildhauer tatsächlich in Darmstadt leben oder bis zu ihrem Tod gelebt haben. Von den 16 Gezeigten sind nur fünf nicht der heimischen Kunstszene zuzuschlagen – wobei schon das Atelier in Mühltal oder die Übersiedlung von der Heimatstadt Darmstadt nach Frankfurt als „außerhalb“ gezählt sind.
Diese Konzentration verbindet sich mit der Ausrichtung der Galerie. Qualität steht vorn an, dazu kommt die bewusste Pflege der heimischen Szene: ein Doppel, das in dieser liebevoll arrangierten Schau über mehrere Künstlergenerationen hinweg ohne Abstriche bestehen kann. Kein Wunder also, dass der Besucher auf viele der Künstlernamen trifft, die auch in den von der Sezession selbst arrangierten großen Präsentationen dieses Sommers zu erleben sind. Mit einem spannenden Unterschied.
Die großen Präsentationen sind Themenausstellungen, während diese Accrochage nur den gemeinsamen Nenner „Mitglied der Sezession“ hat. Da jeweils mehrere Werke zu sehen sind, lassen sich bei einigen Künstlern dadurch persönliche Entwicklungsstränge oder im Gegensatz dazu auch das Beharren auf der einmal gefundenen eigenen Linie nachvollziehen.
TERMINE
Bis Sonntag, 22. September, in der Trautheimer Galerie Lattemann, Papiermüllerweg 7. Geöffnet ist Mittwoch bis Freitag 16 bis 19 Uhr, Samstag 11 bis 14 Uhr sowie Sonntag 15 bis 18 Uhr. (aka)
Barbara Bredows malerischer Weg beispielsweise führt von einer Arbeit des Jahres 1989, in der sie ihre Abstraktion selbst „Zeichen“ genannt hat über Stimmungsmalereien wie den „Zeichen im Raps“ (1992) hin zu ihrer kraftvollen „Metropole“ (2005), in der wilde Farbbahnen für das pulsierende Stadtleben stehen. Und Fritz Schwarzbecks (1902–1989) älteste Bronze „Kleine sitzende Frau“ von 1943 zeigt diesen Bildhauer noch ganz in der Tradition des 19. Jahrhunderts, während er 16 Jahre später in der „Dicken“ den Anschluss an die massiv ruhende Nachkriegs-Formenwelt gefunden hat.
Helmut Landers (1924–2013) „Köpfe“ oder Lutz Brockhaus’ „Danzatrice“ (1980) stehen dagegen für den sehr persönlichen Umgang dieser Künstler mit Destruktion und Konstruktion als Lebenskonstanten. Sie zeigen das „Ich“ als zerbrochen und entindividualisiert, aber wie in Bruchstücken meisterhaft wieder zusammengesetzt zu kantigen Sinnbildern. Beide sind den Weg in die Konstruktion jedoch nicht zu Ende gegangen wie Jo Miard (1929–1982) oder Hagen Hilderhof. Während der eine sein spannendes Spiel mit zierlichen Formen und der alten Bildhauerlust von vorgeblicher Aufhebung der Erdenschwere spielt, setzt der andere auf die Wucht geometrischer Rhomboeder.
Sezession: Das meint immer künstlerischen Eigensinn, so scheint es beim Besuch der Präsentation. Eigensinn im Umgang mit dem Grau des Bleistifts wie bei Ev Grüger (1928–2017) oder Kurt Wilhelm Hofmann; Eigensinn aber auch in Walter Nass (1927–1986) fast auf Komik angelegten Bronzen einer „Mademoiselle Chopin“ oder einer „Radfahrerin“ aus den Sechzigern und Siebzigern. Es spricht für die Qualität dieser Schau, dass diese Arbeiten ohne gegenseitigen „Wertverlust“ neben Sigrid Siegeles (1951–2017) Ziegel-„Arche“ genauso wie neben der Abstraktion eines Bronze-„Tiers“ (2005) von Detlef Kraft bestehen kann, das kraftvolle Urformen des Lebens herausarbeitet.
Mit das Schönste am Ganzen dürfte jedoch sein, dass die nächste Generation diesen Älteren längst qualitativ an den Fersen klebt. So zart wie ein Monet unserer Tage beherrscht Daniela Ginten ihre „Wasserspiegelungen“ (2018), während Julia Philipps mit „Engels Geduld“ (2009/2018) ihre fast meditativen Farbfelder mit Spannung auflädt und Cornelius Staudt seine „Ebbe in Cleder“ (2019) fast gegenständlich trist auf die Leinwand bringt.