Nicht immer ist es Unkraut

Interessantes über die Heilwirkung und Verwendung von Wildpflanzen erzählte am Samstagnachmittag Kräuterpädagogin Regina Lautenschläger den Teilnehmern der Pflanzenführung in den Rheinauen von Biebesheim. Hier zeigt sie einen vertrockneten Beifuß und eine Jungpflanze. Foto: Vollformat/Robert Heiler  Foto: Vollformat/Robert Heiler

Immer nur wenige Schritte ging es vorwärts, dann stoppte Regina Lautenschläger die Gruppe und zeigte auf den Boden. Alle paar Meter fand die Kräuterpädagogin andere...

Anzeige

BIEBESHEIM. Immer nur wenige Schritte ging es vorwärts, dann stoppte Regina Lautenschläger die Gruppe und zeigte auf den Boden. Alle paar Meter fand die Kräuterpädagogin andere Wildkräuter und konnte zu ihnen allerlei Interessantes zu ihren heilenden Wirkungen, ihrem Vitamingehalt, ihren Verwendungsmöglichkeiten in der Küche, aber auch Verwechslungsgefahren mit anderen Kräutern erklären.

23 Erwachsene und Kinder nahmen am Samstagnachmittag an dem Kräuterspaziergang rund um den Campingplatz teil und lauschten aufmerksam den Ausführungen Lautenschlägers. „Wildkräuter werden sehr verkannt“, bedauerte die Expertin. „Wir trampeln darauf herum, bemerken sie nicht oder denken, es ist Unkraut“, meinte sie.

Sie selbst befasst sich schon seit etwa 20 Jahren mit allem, was auf Wiesen und Waldböden wächst; seit zehn Jahren führt sie Interessierte durch Wald und Wiesen, um ihnen ihr Wissen weiterzugeben. Lautenschläger sammelt gern Kräuter, um sie in der Küche zu verwenden. Von manch einem Kraut schätzt sie zudem die heilende Wirkung: „Johanniskaut hat mir schon manchmal bei miesen Stimmungen geholfen“, erinnert sie sich.

Anzeige

Unter den Pflanzen, die sie zeigte, waren Kräuter, die viele der Teilnehmer nicht erkannten: Scharbockskraut, Hopfen, Gundermann, Beinwell und Großer Ampfer. Aber auch an Pflanzen, die allen Teilnehmer bekannt waren, ging sie nicht vorbei: „Das erkennen viele von Ihnen“, sagte Lautenschläger, als sie auf Brennnesselblätter zeigte und ergänzte: „Bei manchen ist es beliebt, bei manchen nicht.“ Die Brennhaare auf der Blattunterseite sorgten dafür, dass die Brennnessel immer brennt, wenn man sie anfasse, erklärte sie. Dennoch könne die Pflanze für Salat verwendet werden. „Manche rollern die Blätter vorher mit dem Nudelholz platt, damit sie nicht so brennen“, erklärte die Kräuterfrau. Auch als Tee oder Spinat sei sie wunderbar geeignet. Die Blätter enthalten viel Eisen: „Das sehen sie manchmal, wenn sich die Blätter rötlich färben.“

Viele der Kräuter, die im Frühling allerorts aus der Erde sprießen, könnten auf schmackhafte und gesunde Weise den Speisezettel bereichern und seien ein Gaumenschmaus, meinte Lautenschläger. Dabei warnte die Expertin aber auch vor Verwechslungsgefahren mit giftigen Pflanzen: „Dieses Kraut sieht aus wie Möhrenkraut, ist aber der gefleckte Schierling, und der ist tödlich giftig.“ Weder am Aussehen noch am Geruch sei zu erkennen, welche Folgen der Genuss dieses Krauts haben könne, warnte sie.

Teilnehmer erhoffen sich Anregungen

Angst, etwas zu verwechseln, hat der Biebesheimer Ingo Rothermel nicht. Er hörte Lautenschlägers Ausführungen interessiert zu: „Ich möchte einfach sehen, was man zum Essen auf den Wiesen finden kann“, meinte er. Daher habe er sich zu dem Spaziergang angemeldet. Ob er die verschiedenen Kräuter nach dem Spaziergang allein wiedererkenne, wisse er nicht. Doch das schreckt ihn nicht ab: „Ich kenne mich schon ein bisschen aus, aber ansonsten probiere ich es einfach.“

Um die Informationen der Dozentin nicht zu vergessen, fotografierte Spaziergängerin Ingrid Manthey-Ickenroth alle Kräuter, die Lautenschläger zeigte, und legte zu allen einen Zettel mit deren Namen dazu: „So kann ich zuhause nachvollziehen, was wir uns alles angeguckt haben“, meinte sie. Sie habe sich zwar schon viel im Internet mit Wildkräutern beschäftigt, möchte aber noch mehr Wildkräuter für ihre Gerichte verwenden.

Anzeige

Das plant auch Susanne Holtz: „Ich möchte mit meiner Nachbarin ein kleines Kräuterbeet anlegen.“ Bei dem Spaziergang hoffte sie somit auf Anregungen, welche Kräuter sich gut dafür eignen. Durch ihre Arbeit in einer Apotheke hat Holtz bereits Erfahrung mit den heilenden Wirkungen von Kräutern gesammelt. In das Kräuterbeet möchte sie vor allem essbare Wildkräuter pflanzen. Von dem Gaumenschmaus mancher Kräuter konnten sich die Teilnehmer am Ende des rund zweieinhalbstündigen Spaziergangs überzeugen: Sie stärkten sich bei Bärlauchbutter und Kräuterlimonade, die Lautenschläger zuvor zubereitet hatte.