Von Marco PartnerBÜRSTADT - Es schien bereits alles in trockenen Tüchern zu sein: Ein sozialer Wohnkomplex mit zwölf Apartments sollte errichtet werden, der ausgediente Spielplatz dafür weichen. Doch nun ist das Tuch zwischen der Gemeinnützigen Baugenossenschaft (GBG) und der Stadt zerschnitten: Zumindest, was den geplanten Bau in der Burgunderstraße betrifft. Dort hat der soziale Bauträger sein Vorhaben zurückgezogen. Der Grund: Durch die Bedingung seitens der Stadt, den zu erhaltenen Gehweg anzukaufen, sei das Projekt für die GBG zu teuer geworden.
Bei Ausfahrt wäre Gehweg leicht tangiert worden
- BÜRSTÄDTER BAUGENOSSENSCHAFT
19 Gebäude mit insgesamt 258 Wohnungen stellt die Baugenossenschaft in Bürstadt zu sozialen Mietpreisen zur Verfügung. Angefangen hat alles in den 60er Jahren in der Steinlachstraße. „Die unbewohnbaren Unterkünfte sind dort damals verschwunden, die Bewohner aber nicht“, erinnert sich Gunter Seipp. Stattdessen wurden von der damals frisch gegründeten Baugenossenschaft neue Wohnräume geschaffen.
Allein in den 70er Jahren waren es 48 Wohnungen in der Gartenstraße. Dann gab es erst mit der „Wende“ wieder eine stärkere Nachfrage nach Sozialwohnungen in Bürstadt. In der Zeit der Wiedervereinigung wurden in der Leuschner – sowie in der Max-von-Pettenkofer-Straße insgesamt 72 Wohnungen errichtet. „Dringende Wohnprobleme sind damals angepackt und gelöst worden und uns wurden erhebliche Darlehen bereitgestellt“, so der Vorsitzende.
Es folgten weitere, kleinere Projekte wie in der Krämersweide oder der Römerstraße Anfang der 2000er. Dort baute und bezog die Baugenossenschaft 2003 auch ihr eigenes Domizil. Seitdem hat die Genossenschaft nicht mehr gebaut. (mpr)
„Eine Finanzierung ist für uns so nicht mehr möglich, denn wir möchten eine Miete von 5,86 Euro pro Quadratmeter nicht überschreiten“, erklärt Gunter Seipp, der Vorsitzende der Baugenossenschaft, auf Nachfrage. Übereinstimmend hatten sich die Parlamentsmitglieder zuletzt für den Erhalt des Fußgängerwegs, welcher die Parallelstraßen von der Römerstraße bis zur „alla hopp!“-Anlage quert, stark gemacht. Doch dann zeichnete sich ein anderes Problem ab: Für die zwölf Wohneinheiten sollten auch zwölf Stellplätze an der Rückseite des Gebäudes zur Verfügung stehen, welche durch eine Rundumfahrt über die Burgunderstraße zu erreichen wären. Bei der Ausfahrt wäre auch der Gehweg leicht tangiert worden, weshalb die GBG auch Eigentümer der kleinen Passage werden sollte.
Nun aber steht ausgerechnet dieser Schleichweg dem Sozialprojekt im Weg. 18 450 Euro Mehrkosten wären der Baugenossenschaft für den Erhalt anheimgefallen. „Das sprengt unseren finanziellen Rahmen. Die Burgunderstraße ist für uns somit erledigt“, betont Seipp. Und das, obwohl erstmalig die finanziellen Mittel im Vorfeld bereitgestellt wurden, bevor überhaupt ein Bauantrag gestellt wurde. Die Umwidmung des Grundstücks vom Spielplatz beziehungsweise Grünfläche zum Bauplatz sei jedoch noch nicht erfolgt.
Und kaum ist das soziale Wohnprojekt vom Tisch, da ist der Spielplatz wieder geöffnet, und wird auch genutzt. „Für Kleinkinder ist er sogar besser und sicherer als die ,alla hopp!‘-Anlage“, findet Silke Seipp von der GBG. Ein gleichwertiges Projekt, in einem anderen Gebiet der Stadt wird seitens der GBG derzeit nicht angestrebt. „Wir müssen uns aktuell nicht auf Neubauten stürzen“, macht Gunter Seipp klar. Im Falle eines Sozialen Wohnungsbaus wäre ohnehin zunächst einmal die Stadt am Zug. „Sie müsste an uns herantreten. Wir sind dazu da, um der Stadt Wohnungsprobleme abzunehmen. Aber wir können nicht jede Hürde überspringen“, so der Vorsitzende. Vielmehr möchte man sich darauf konzentrieren, in den Bestand zu investieren, die Unterkünfte der Baugenossenschaft barrierefrei und somit in Anbetracht des demografischen Wandels zukunftsträchtig zu machen. „Viele unserer Mieter wollen in ihren Wohnungen alt werden und auch im hohen Alter ihr Umfeld nicht verlassen“, verdeutlicht Silke Seipp.
Bereits im Juni soll deshalb in der Max-von-Pettenkofer-Straße 4 ein Aufzug angebaut werden. Vier Wohnungen müssen dafür verkleinert werden, die Bewohner wurden aber bereits in anderen Apartments der Baugenossenschaft fündig. Nicht nur sozial verträglich, sondern auch senioren- und altersgerecht sollen die Unterkünfte sein. „Sodass ein Rollstuhlfahrer auch im 3. OG wohnen kann“, erklärt Gunter Seipp. Bisher sei das nicht möglich gewesen. Mit Erfolg wurde bereits in der Hofheimer Straße 8 ein Aufzug installiert. „Und zwar voll aus eigenen Mitteln finanziert“, wie der Vorsitzende betont.
Sozialer Bauträger seit 40 Jahren in Bürstadt tätig
Auch bei anderen Objekten seien barrieregerechte Sanierungsarbeiten denkbar. Denn das Credo der Baugenossenschaft habe sich auch nach einem halben Jahrhundert nicht geändert: „Unsere Wohnungen sind für einen Personenkreis gedacht, die sich auf dem freien Wohnungsmarkt nicht selbst versorgen können. Das ist seit 50 Jahren unser roter Faden bei allen Entscheidungen“, so Gunter Seipp.
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