CELLO Daniel Müller-Schott über Klassik und Fußball
FRANKFURT - „Du bist so ein bisschen Spielmachertyp“, hat ihm Fußballweltmeister Philipp Lahm nach einem Freizeit-Kick attestiert. Und mit Blick auf einen Treffer seines Freundes Daniel Müller-Schott anerkennend festgestellt: „Das war schon ein Traumtor.“ Was der 40-Jährige natürlich gern hört – ein Wechsel vom Konzertpodium auf den grünen Rasen steht dennoch nicht bevor. In Frankfurt ist der Cellist nun mit den Dresdner Philharmonikern unter Michael Sanderling zu erleben – und hat zuvor im Interview über die Zwänge des Klassikmarktes und seine Begeisterung für den Fußball gesprochen.
Herr Müller-Schott, 2012 haben Sie die traumatische Niederlage Ihres Lieblingsvereins FC Bayern in der Champions League miterlebt – kennen Sie solch ein Gefühl unbegreiflicher Niederlagen auch aus der Musik?
Nicht in dieser Form. Wenn ich in der Musik Rückschläge empfinde, dann haben diese durchaus etwas Produktives, denn sie sorgen für Klarheit und lenken den Fokus vielleicht auch auf Details in der Musik, die man vorher so nicht erkannt hat. Insofern sind kleine Rückschläge enorm wichtig, um sich als Musiker weiterzuentwickeln.
Sind Sie froh, Musiker und nicht Sportler zu sein?
Auf jeden Fall! Zumal die Musik so viele Facetten hat: Es geht eben nicht um das reine Gewinnen, sondern vor allem um die Ergründung eines spezifischen Ausdrucks. Was die Komponisten schon vor hunderten von Jahren geschrieben haben, in Kombination mit der Gegenwart und meiner eigenen Person zu verbinden – das ist einfach ein unerschöpfliches Energiefeld. Dadurch auch mehr über sich selbst zu lernen, ist sehr inspirierend.
Offenbar so inspirierend, dass Sie für Ihre CD-Alben immer wieder Werke einspielen, die eher selten zu hören sind im Konzertbetrieb – wie frei sind Sie als Solist auf dem Musikmarkt?
Das ist sicher nicht sehr marktkonform, aber genau das reizt mich daran (lacht). Wobei es nie mein Ziel gewesen ist, gegen den Strom des Populären zu schwimmen, sondern mich interessiert, was musikhistorisch relevant ist, was sich entdecken und lernen lässt über einen Komponisten.
Sie bemühen sich um eine Öffnung der Ohren und Köpfe nicht nur in Ihren Programmen, sondern auch im Rahmen des Projekts „Rhapsody in School“, das seit 2005 Musiker in Schulen bringt. Was können solche Besuche Ihrerseits bewirken?
Ich glaube, dass dies Engagement der Musiker vor allem den Musiklehrern sehr geholfen hat, einen besseren Stand in ihren Schulen zu bekommen. Und ich hoffe, dass durch unsere Besuche in den Schulen, wo wir für die Kinder spielen, auch das Verständnis dafür gewachsen ist, dass ein Konzertbesuch eigentlich etwas völlig Selbstverständliches ist.
Noch scheint der weithin verbreitete Silbersee in den Konzertsälen gegen diese Hoffnung zu sprechen…
Selbst wenn sie nicht alle unmittelbar danach ins Konzert gehen, so werden sie bestimmt mit ihren Familien darüber sprechen – und allein diese Kommunikation, dass überhaupt Neugier geweckt wird, ist doch schon ein Erfolg! Viele der Kinder, die ich mal besucht habe, schreiben mir immer noch Briefe und erzählen mir, sie hätten inzwischen mit einem Instrument angefangen.
Das Interview führte Christoph Forsthoff.
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