Von Annette Krämer-AligINSTALLATIONSKUNST Mila Hundertmark bereitet eine Präsentation vor, die in San Antonio gezeigt wird
DARMSTADT - "Ich bin schon mitten im Machen. Seit letztem Frühjahr weiß ich, dass es diese Ausstellung geben wird. Die Ideen konnten im Hinterkopf gären, jetzt kommen sie nach vorn, und ich arbeite daran", sagt Mila Hundertmark beim Besuch in ihrem Darmstädter Atelier. Ihre Rauminstallation "Entscheidungen" entsteht für Darmstadts neue Partnerstadt San Antonio in Texas: Am 6. Juni soll diese Schau samt einer Performance, die ebenfalls angefragt wurde, im dortigen "Blue Star"-Museum für zeitgenössische Kunst eröffnet werden.
Deshalb sind die beiden kleinen Arbeitszimmer der Künstlerin derzeit Orte zum Festhalten von Gedanken und ganz praktischen Versuchen. An einer Pinnwand trägt Mila Hundertmark die Installation mit vielen Zetteln der Erkenntnis zusammen: Darauf hält sie ihre jeweils aktuellen Gedanken zur Raum- und Toninszenierung fest. Es ist ein Prozess, der sich an den Wirkungen von Bewegungen, Licht und Tonwirkungen orientiert.
- DIE SERIE
Das neue Jahr bringt neue Ideen: In unserer Serie "Auf ein Neues" schauen wir in die Kulturwerkstätten der Region und berichten, welche Projekte dort entstehen. Die Installations- und Performance-Künstlerin Mila Hundertmark lebt und arbeitet in Darmstadt und Niedersachsen. Sie wurde 1985 als Mila Burghardt in Emden geboren und studierte bis 2012 Medienkunst an der Bauhaus-Universität WeimarBereits im Jahr davor konnte sie jedoch bereits an Ausstellungen in Berlin, Brighton, Sydney und Wien teilnehmen. Diese Erfolgsserie hat angehalten: Nicht nur mit Stipendien und mehreren Preisen (darunter der Förderpreis der Darmstädter Sezession für junge Künstler im Jahr 2015), sondern auch mit weiteren Präsentationen im In- und Ausland. 2017 war ihre kinetische Bildskulptur und Performanceserie "Fragmente" ein wichtiger Teil der Ausstellung "Planet 9" in der Kunsthalle Darmstadt. (aka)
"Ich hatte das Glück angefragt zu werden. Denn auch diese Ausstellung soll die Städtepartnerschaft mit Leben füllen", sagt die Künstlerin. Sie kann einen 16 Meter langen und 5,5 Meter breiten Raum gestalten und dabei "eine reizvolle Blickachse vom Museumseingang aus in diesen Raum hinein mitberücksichtigen". Hilfe über den Atlantik hinweg leistet ihr die "Blue Star"-Programmmanagerin Jacqueline McGilvray. Diese wird beispielsweise vorab bei der Suche nach Laien für die Performance tätig. Denn dieser Part des Ganzen ist "wichtig für mich. Ich arbeite gern mit Laien, die das Thema intensiv mit Inhalt füllen", sagt Mila Hundertmark.
Wie voriges Jahr, als die Künstlerin ihre "Fragmente"-Installation im Rahmen der Ausstellung "Planet 9" in der Darmstädter Kunsthalle gezeigt hat, werden einige dieser interessierten Fremden ihre Performance mitgestalten. Zur Eröffnung sowie in Tonaufnahmen, die ein Teil der Installation sind, sollen sie eigene Gedanken zu den "Entscheidungen" beitragen.
Der Grundriss des Saales, den sie bespielt, ist an der Wand auf einer DINA4-Kopie zu sehen. Die zentrale Idee ist ein Irrgarten, der dem Besucher beim Durchlaufen mit fast raumhohen Platten, die ihm den Weg mal öffnen, mal verschließen, ganz real ziemlich nahekommen kann und dabei vielleicht Alltags-Normalitäten für einen Moment in Frage stellt. "Wir vergessen oft, dass wir immer in Bewegung sind und auch entscheiden können, wohin wir gehen wollen", sagt Mila Hundertmark. "Spannend ist der Moment, ab dem man das selbst feststellt und beobachtet."
In der Versuchsanordnung in ihrem Atelier drehen sich zugunsten dieser Erkenntnis strombetrieben derzeit oft silbern bespannte Platten in Kreisen um sich selbst. Zwischen ihnen kann der Besucher sich öffnende Gänge finden, aber auch - ganz wie im Leben - Sperren erleben. Diese verwirrend wandelbare Umgebung wird zusätzlich durch die Effekte einer Discokugel fragmentiert, die schimmernde Bildchen im Zimmer kreisen lässt. Die Toncollagen, die aus den Ecken des Saals dazukommen sollen, sind noch Idee. Sicher ist aktuell nur, dass die Gedanken der Laien-Mitspieler von hier aus ihren Weg ins Ganze finden.
Im März wird die Künstlerin das erste Mal für zwei Wochen zur Ausstellungsvorbereitung nach San Antonio fliegen. "Bis jetzt kenne ich den Saal nur aus dem Plan und aus Fotos. Dann möchte ich erforschen, ob meine Vorstellungen zu verwirklichen sind", sagt sie. Ein weiteres Ziel der Reise ist es, den "Menschen aus hoffentlich verschiedenen Lebensräumen", die bei der Performance mitmachen und auch Texte zum Thema "Entscheidungen" beitragen möchten, in einem Zweitages-Workshop Techniken dafür zu vermitteln. "Vielleicht sind sogar schon erste Ton- und Videoaufnahmen möglich."
Dabei betont sie gleichzeitig, wie vorläufig das Ganze derzeit ist: "Bewegte Bilder im Kopf sehen im Raum doch immer wieder ganz anders aus. Ich probiere, und dann fliegt das Meiste wieder raus." Den letzten Schliff soll ihre Installation auf jeden Fall in Frankfurt erhalten: "Dort miete ich im Z Zentrum für Proben und Forschung für einige Tage einen Arbeitsraum, um alles aufzubauen und zu testen, ob das Erleben, das ich anregen möchte, auch erreicht wird."
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